Frag mich nicht

Wenn du
einen Baum fragst,
wieso er sich nicht bewegt,
wird er dir wohl sagen:
„Ich wachse in den Himmel.“
Wenn du
eine Welle des Meeres fragst,
wohin sie so schnell eilt,
wird sie dir vielleicht sagen:
„Ich will zum Strand.“
Und der Vogel,
dort droben am Himmel
macht sich eine Freude daraus,
zu sehen wohin er trifft,
wenn er einmal kackt.
Und wenn ich dich sehe,
frage ich dich
wohin du gehst.
Du weisst es nicht
ich aber auch nicht.
„Lass uns ein Stück unseres Weges
gemeinsam gehen.“
Vielleicht finden wir etwas Schönes
oder begegnen gar uns selbst,
Vielleicht vereinen sich
unsere Wege
oder enden abrupt.
Irgendwann kommen wir vielleicht
an eine Kreuzung
an der wir uns fragen
wohin wir gehen wollen.
Dann trennen sich womöglich die Wege
oder werden zur Autobahn.

Das Gedicht im Baum

Im Wald,
da stehen nicht nur Bäume.
Zwischen den Stämmen,
da huschen die Seelen
und Geister
und auch Dämonen,
die vor der Zivilisation
dort Zuflucht gesucht haben.
Um die Stille
zu geniessen
und dem Rauschen
der Baumkronen zu lauschen,
wenn sie sich im Wind
bewegen und tanzen.
Fernab des Lärms
und dem Summen der Autos
inmitten des Dschungels
aus Beton und Stahl.
Die Füsse baumeln im Wasser,
der Kopf folgt den Düften
von frischen Wiesen
und knackigem Holz,
es knistert im Dickicht
und es knistert vorm Ende.
Die Seelen und Dämonen
huschen um die Füsse
und bringen dich zu Fall,
noch ehe du dich versiehst,
liegt dein Kopf im Sumpf
und du wirst elendig ertrinken
im Morast des Moores,
das zuvor eine Kultstätte war.
Sie opferten Tiere,
ihre kostbarsten Dinge …
und manchmal auch Menschen.
Du hast dich geopfert,
ganz freiwillig und bewusst.
Deinem eigenen Leben
und dem Streben voran zu gehen,
ohne Netz und doppeltem Boden
und ohne die Hand, die einen hält
und aus dem Treibsand
des schwarzen Moores
heraus ziehen kann.
So sinkst du immer tiefer,
mitten hinein ins Leben,
bis am du am Ende
den Grund erreichst,
wo dich niemand mehr hört,
deine Lieder und deine Klagen,
deine Flüche oder dein Weinen.
Was bleibt ist das Liebesgedicht,
dass du einst in den Baum geritzt hast,
um dich einmal auszudrücken
und ein Herz zu gewinnen.
Aber es hat niemand gelesen.

Nummer 125

Friedrich Nietzsche saß oft
zusammen mit Richard Strauss
in dieser billigen Kneipe
an der Ecke,
wo der Rauch von der Decke tropfte
und sich mit den Pfützen aus Schweiss
vermischte, die sich am Boden bildeten,
weil die Bar so stickig war.
Sie tranken den billigsten Wein,
den der Wirt Franz zu bieten hatte.
Die Zeiten waren hart und niemand
kaufte Kompositionen oder
die Gedanken eines Philosophen.
Die Leute dürsteten eher nach Abenteuer,
Völlerei und einer willigen Hure.
Friedrich und Richard saßen an der Theke,
die dritte Flasche hatte ihnen gerade Franz gebracht
und Richard begann schon zu torkeln,
als er wieder einmal den Abort suchte
und statt dessen in den Spucknapf
neben dem Lagerraum pisste
und dabei noch nicht einmal richtig traf.
Das fiel niemandem auf,
denn Franz‘ Kneipe roch nach Tabak, Kotze und Suff.
In der Abstellkammer verloren die Frauen ihre Höschen,
und die Männer ihre Geldbörsen.
Wie Friedrich das alles hasste,
diese Völlerei und wenn er gut drauf war
und genug getrunken hatte,
schrie er lauthals gegen den tosenden Lärm
des Bargeschnatters an.
Aber niemand hörte ihn und so leerte er sein Weinglas
und prostete wieder Richard zu,
der schon ganz glasige Auge bekam.
Ihre Gedanken schweiften ab
und der einzige der sie verstand war Franz, der Wirt.
Nicht nur weil er in ihrer Nähe stand,
sondern weil er halbwegs nüchtern war
und sich heimlich am Marihuana labte,
daß er im Weinkeller rauchte,
wenn er Nachschub holen musste.
Er stimmte den Beiden Säufern zu,
die ihr Blut in ihrer Musik und Philosophie vergossen
und ihre Herzen öffneten,
bis sie seine Kneipe besuchten
und im Suff ertranken.
Richard war so viel jünger als Friedrich
aber sie verband eine Seele.
An diesem Abend schwankten sie wieder gemeinsam nach Hause
und Strauss komponierte in der gleichen Nacht
„Also sprach Zarathustra“,
dessen Titel sich Nietzsche borgte,
denn auch er schrieb an diesem Abend:
Nummer 125: Gott ist tot!

Liebe strahlt wie Sonnenschein

Nach den Zeiten der Dunkelheit,
den Momenten des Schmerzes und
der unsäglichen Qualen
beim Durchlaufen der menschlichen
Emotionswüsten,
den bitterscharfen Zungen der Gehässigkeit
und der brutalen Lieblosigkeit und Egomanie,
begegnen mir Menschen,
aus deren Herzen
und Augen
die Liebe strahlt.
Ohne Hintergedanken,
vollkommen großzügig
und uneigennützig.
So rein und klar
wie warme Sonnenstrahlen
auf der nackten Haut,
während ich auf einer Wiese liege
und meine Augen in die Baumwipfel
des Lebens schauen.
Ein Atemhauch streicht über meine Stirn,
der frische Duft wohlriechender Haut
beflügelt meine Nase
und ich spüre die Wärme
eines anderen Körpers
in meiner Nähe,
der meinen Schmerz davon getragen hat.
Einfach so.
Ich weiss, manche Menschen sind sich
nicht bewusst,
was sie mir Gutes getan haben
und mein Leid verscheuchten
nur durch bloße Anwesenheit,
schönen Worten,
diesem Leuchten in ihren Augen
und diesem bezaubernden Lächeln auf ihren Lippen.
Ich kann mich ihnen derzeit
nicht erklären
und ihnen meine Blumensträuße der Dankbarkeit
entgegen bringen,
denn ihnen ist die Geschichte
davor nicht bekannt.
Das ist Karma,
das Leben hält die Kostbarkeiten
oft bereit, wenn man sie nötig hat
und sich plötzlich eine Hand
in meiner befindet,
die mich streichelt
und die Geister der Folterinstrumente
davon fliegen lässt.
In dem Wind des Karmas,
diese Naturgewalt
der nackten Reaktion
auf Handeln und Denken.
Manchmal schickt sie auch jemanden vorbei,
der wie der Sonnenaufgang
nach einer dunklen Nacht ist.
Wie kann ich dir jemals danken?

Dunkelheit

Ich lebe in einer Box
bemalt mit schwarzer Farbe
und kleinen Dornen an den Wänden,
an denen man sich fiese Schrammen holt
oder tiefe Wunden.
Von draußen scheint kein Licht hinein.
Ich kann froh sein, daß ich nicht gefesselt bin.
Ich fühle mich hingezogen zu den dunklen Seiten
des menschlichen Daseins,
um Krieg, Zerstörung und menschliche Widerlichkeiten
zu sehen und zu dokumentieren,
um es anderen zu zeigen.
Auf der dunklen Seite des Lebens
mit einer Kerze im Herzen,
die versucht Licht ins Dunkel zu bringen
und Freude, Liebe und ehrliche Anteilnahme
zu vermitteln.
Und dabei so einsam im Herzen
und so dunkel die Seele,
weil kaum ein Gegenüber mich versteht
oder selbst gefangen ist
in den menschlichen Egoismen,
der Ausnutzung oder oberflächlichem Interesse.
Es gibt da eine Stimme in mir drin,
die sagt oft: ‚Der Nick ist tot!‘
Ich kann sie nicht stoppen und
frage mich, ob sie nicht recht hat.
Bin ich nicht schon lange gestorben?
Oder wieso beachtet mich kaum jemand
oder kann in mein Herz hineinsehen
oder nutzt mich aus und fährt über mein Herz hinweg?
Geistert meine Seele noch ziellos umher
und kann den Weg hinaus nicht finden?
Oder bin ich seelisch gestorben
an den menschlichen Qualen,
der Menschen neben und fern von mir?
Zerstört vom Leben
und der Gabe des Menschen, sich weh zu tun.
Manchmal wünschte ich, die Stimme hätte recht,
denn Erlösung ist wie Erleichterung.

Das Leben ist ein Labyrinth

Das Leben ist wie ein Labyrinth,
manchen finden den Weg hinaus,
manche bleiben drin,
bis man ihre bleichen Körper findet,
mit dem Kopf an der steinernen Wand gelehnt
und einem Fragezeichen auf der Stirn.
Ich begegnete oft jemandem in diesen Irrwegen.
Mit manchen ging ich ein Stück,
Hand in Hand durch die dunklen Gassen.
Andere jedoch schlugen meine Hand aus
und wollten alleine weiter irren.
Ich sah sie später noch einmal.
Sie hatten schon diese Fragezeichen auf der Stirn.
Es gab ganze Wandergruppen im Labyrinth,
die oft diskutierten oder sich den Schädel einschlugen,
weil sie sich über den richtigen Weg stritten.
Wieder andere laufen alleine und suchen nach dem Weg,
machen sich Notizen in Gedanken oder in kleinen Heftchen.
Ich laufe meist alleine und manchmal Hand in Hand
mit einer Person, der ich vertrauen kann.
Das Labyrinth ist grausam und es fällt irgendwann schwer zu vertrauen.
Manche locken einen auf Irrwege und laufen dann lachend davon.
Manche rissen sich von meinen Händen los und
stürzten sich mitten in Gruppen, die
von einem farbigen Wimpel angeführt wurden,
die vorgaben den Weg hinaus zu kennen
oder eben auch nicht.
Manche ließen mich los
und folgten ihrem Instinkt.
Wenn ich des Nachts auf dem Boden lag
und die Sterne zwischen den hohen Mauern hervorschauten,
wanderten sie wieder an mir vorbei,
vergassen nicht zu grüssen,
aber ich sah die Verzweiflung in ihren Augen,
weil sie auch nicht den Weg hinaus gefunden hatten.
Sie folgten lauten Fahnenschwenkern
oder einer Horde, die wusste wie man die Sackgassen vermied.
Manchmal trafen sie andere,
die nur die Sterne ansahen und traten auf der Stelle.
Das Labyrinth ist wie das Leben.
Es gibt Leute, die wollen mit dir gehen
und es gibt andere die wollen umherirren
und sich in Sackgassen führen lassen,
wo sie alleine gelassen werden im Dunkel
der hohen Mauern eines Dickichtes aus Pfaden.
Ich habe gelernt alleine zu gehen
und den Tau von den Steinen der Mauern zu lecken,
um nicht zu verdursten.
Ich habe gelernt, mich an der Wärme der Liebe
zu freuen, die ich von den Menschen erhielt,
die mich begleiteten.
Den Weg hinaus habe ich nicht gefunden und manchmal
fällt es schwer,weiter nach dem Ausgang zu suchen.
Oder ob ich nicht einfach hinsetze und
meinen Kopf an die Wand lehne.

Zurück und raus

Ich gehe zurück
in mein Tal der Dornen
von 1998,
nicht freiwillig
aber vollkommen entkräftet, denn
jede Minute ist wie Klebstoff
an der Oberfläche der Seele
und die Hoffnung wie ein Himmel,
der sich durch Gewitterwolken verdüstert hat.
Ich hätte nie gedacht,
daß so etwas wiederkommt –
diese komplette Ausweglosigkeit.
Liegt es an der Stadt,
am Job,
an den Freunden,
an der Familie?
Nein, sicher an mir.
Ich gehe zurück,
denn Leid bedeutet Leben
gepaart mit kompletter Unverständnis
und Belanglosigkeit
in den Augen der Anderen.
Alles ist endlich und
ich habe versucht den Atem anzuhalten
und den Herzschlag zu stoppen,
aber der Reflex kam immer wieder.
Aber alles ist ja endlich,
also warte ich.

Katzenmenschen

Mir wurde die Türe
vor der Nase zugeschlagen.
Zum Glück ist nichts passiert,
nur mein Knie hat einen blauen Fleck.
Und das gerade heute,
wo ich den Boden doch noch wischen wollte.
Das ganze Blut und all die Innereien
eines menschlichen Lebens,
das zwischen die Räder geraten ist.
Nicht zwischen Autoräder
und nicht zwischen Zahnräder,
sondern den Rädern dieser Gesellschaft,
die nur Funktionieren kennt
und wenig Raum lässt
für Herzensliebe.
Oder Respekt.
So kalt,
so oberflächlich
und so wenig Enthusiasmus.
Eine Wegwerfgesellschaft,
nicht nur für Konsumgüter,
auch für Herzen und
für Menschen.
Die Müllberge aus
zerbrochenen Herzen
liegen gleich neben
den Müllbergen der
zerbrochenen Seelen,
die niemand wollte
und denen niemand mehr zugehört hat.
Zu wenig Geduld für sie
und zuviel Schmerz und Ignoranz
trifft Entscheidungen,
die nicht immer richtig sind.
Doch das Rad dreht sich weiter
und zermalmt noch weitere
menschliche Seelen und Herzen
auf dem Weg den Berg hinab
in die Stadt hinein,
wo Katzenmenschen auf leisen Sohlen
von Tür zu Tür huschen,
um sich den Bauch voll zu schlagen
und um sich die kurzen Momente
körperlicher Nähe zu holen,
um dann bei Überdruss
zur nächsten Tür zu huschen
oder sich in einen Baum zu legen
und das Treiben von oben zu betrachten.
Dieses Treiben der Menschenmassen
wie sie hektisch und gezwungen
dahin hetzen
von Terminen zu Terminen
und von Begegnungen zu Begegnungen.
Aber nirgendwo verweilen.
In Gedanken und Gefühlen den Moment voll auskosten
und sich nicht lange aufhalten,
stets auf dem Sprung zur nächsten
Aktivität und zum nächsten Kick.
Der Blick des Gegenübers verschwimmt
in einem Nebel
aus Vergnügungssucht
ohne Tiefe
und voller Egomanie.
Nur das Glücksgefühl des Momentes
zählt mehr als die Tiefe der Ewigkeit
des menschlichen Zusammenlebens.
Wir Menschen werden zu Katzenwesen
und holen uns das Glück, wo wir es sehen
ohne zu verweilen und die
Wärme des Hauses zu geniessen.
Wir sind nicht mehr bereit
die Risse in den Wänden
unserer Nachbarn zu flicken,
denn es wäre Arbeit.
Arbeit nicht für sich selbst,
sondern selbstlos für jemand anderen.
Das hat das Rad ins Rollen gebracht.
Ich ging immer durch diese Tür
und bekam Liebe und etwas zu fressen,
bis ich merkte,
daß dort selbst eine Katze lebte
und mir die Tür vor der Nase zuschlug.

Feuer

Ich habe das Feuer
selbst gelegt,
mir die Finger verbrannt
und die Haare angesenkt,
als ich versucht habe,
das Feuer in mir zu
entfachen, das
mich antreibt
und die Kohlen
unter meinen Füssen
anheizt, um
vorwärts zu gehen,
weiter,
der Sonne entgegen,
das heisseste Feuer,
das unsere Seelen
und Herzen erwärmt.
Die Feuer, die wir in
uns entfachen,
sind die Dampfkessel
der menschlichen
Lokomotive
der Motivation,
des Idealismus,
der Liebe
und der Sympathie,
die aus unseren
Herzen spricht.
Dieses, unseres Feuer,
das wir entfachen,
zündet die Fackeln an,
die wir brauchen,
um die Dunkelheit unserer Leben
zu erhellen
und die Dinge zu sehen,
die in der schwarzen
Nacht verborgen bleiben.
Diese Fackeln müssen wir
weiter reichen an die Menschen,
die neben uns stehen
und durch die Dunkelheit irren,
verloren,
geschändet
oder voller Angst
in dieser unglaublich
dunklen Welt.
Brennende Fackeln
weiter zu reichen
ist die Hand,
das Vertrauen
und die Kraft der Liebe,
die Wärme
und das Licht,
das unsere Seelen
erhellt
und die Stille
mit Musik erfüllt.

Keine Zeit

Wäre ich ein Arzt,
hätte ich mich beim Anblick
heute morgen in den Spiegel
sofort krank geschrieben.
Dieses Gesicht,
so verzogen
und zerknittert
wie ein Taschentuch,
was aus Versehen
in der Hosentasche blieb
und mit gewaschen wurde.
Genauso kalkweiss
starre ich mich
im Spiegel an.
Ungläubig
und fast schon irritiert.
Was ist aus mir geworden?
Ausgelaugt vom Leben,
zu wenig Zeit zur Reaktivierung
neuer Kräfte
und keine Zeit
zum Entspannen
und zum Nichtstun.
Die Batterien sind leer
und die Lethargie
nicht vorgetäuscht,
sondern ein Resultat
dieser qualvollen Momente,
in denen ich nicht bei mir bin,
sondern für andere,
die sich in Köpenick mal eben ein Haus
kaufen können
und ich bekomme kalte Füsse in der Küche,
weil ich mir
keinen Teppich leisten kann
und Heizkosten spare.
So fernab eines Lebens,
das in meinem Herzen brennt
und fernab eines Daseins,
das mich in Anspruch nimmt
und wie Wellen nach vorne trägt.
Die Blume in meiner Seele
ist schon fast verblüht
und welkt dahin.
All das kotzt mir an diesem Morgen
aus meinem Spiegel entgegen.
Ich laufe zum Telefon
und melde mich für heute krank.
Für die nächste Woche,
für die nächste Zeit.
Mit der Begründung,
ich müsse meine Blumen giessen.