Barmherzigkeit und Liebe

Konzert vom 29. Juni 2018 im SO 36 in Berlin
Boysetsfire, Boston Manor

Schon wieder das SO36 und diesmal mit einer Band, die ich schon etliche Jahre nicht mehr live gesehen habe und die dennoch zu einer meiner absoluten Lieblingsbands gehört: Boysetsfire. Ich habe in den letzten Jahren zwar viel die einzelnen Projekte von Sänger Nathan verfolgt, wie The Casting Out oder das Nathan Gray Collective, aber die eigentliche Musikkapelle, weswegen ich auf all die anderen Bands gestoßen bin, habe ich sicherlich das letzte Mal 2007 in Saarbrücken gesehen. Danach hatten sie sich vorerst aufgelöst.
Umso schöner, daß sie während der diesjährigen Festival-Tour auch in kleinen Clubs spielen. Egal, welche dieser Bands um Nathan Gray man auch besucht, es ist stets eine wunderbare, kollektive und friedliche Stimmung zu spüren, die nur wenigen Musikgruppen mit ihren Fans eigen ist. Genau diese Stimmung von einer fast familiären Atmosphäre, obwohl man sich überhaupt nicht kennt, ist sicher eine der Essenzen von Boysetsfire. Dazu sind es noch unglaublich authentische und herzliche Menschen, die dort auf der Bühne stehen und ein Sänger, den man nach den Shows immer mitten unter dem Publikum findet, wo er geduldig und offenherzig Selfies machen lässt, kurze Worte mit seinen Fans wechselt und Autogramme gibt. Von Starallüren keine Spur.
Am Ende vollkommen verschwitzt aus dem SO36 zu gehen und an etwas Besonderem teilgenommen zu haben, ist etwas wunderbares. Auch wenn es erst 22:30 Uhr war, hat dieses Konzert dem Tag mit all den Strapazen von Lohnarbeit, den persönlichen Problemen und den immer drastischer werdenden Problemen in dieser Welt soviel positive Energie gegeben, daß man wieder einen Schritt vor den nächsten setzen kann.

 

 

Kresse und Konflikte

Konzert vom 08. Juni 2018 im SO 36 in Berlin
Conflict, Cress, Vicious Irene

Diesmal schaffe ich es leider nicht einen Konzertbericht zu schreiben, weil ich eine Menge Projekte habe, die meine Zeit so dermassen in Anspruch nehmen, dass ich nur ein paar der besten Bilder, dieses intensiven, energiegeladenen Konzertes zu veröffentlichen.

Himmelskörper und schwarze Löcher

Konzert vom 20. Januar 2018 im Cassopeia in Berlin
Celeste, Haeresis

Durch meinen Umzug nach Berlin habe ich eine kleine Konzertpause einlegen müssen. Nicht nur kosten Umzüge viel Geld, auch wollte ich meine neue Wohnung herrichten, was wiederum eine Menge Zeit in Anspruch genommen hat. Dennoch habe ich in der Zwischenzeit einige sehr tolle Bands gesehen, darunter das Motorpsycho Konzert Anfang November im Festsaal in Kreuzberg, was eines der herausragendsten und besten Konzerte des letzten Jahres wurde. Hmm, vielleicht sogar der letzten Jahre. Daneben sah ich noch Toxoplasma, Moskwa, Nietnagel und Raumschiff Antichrist. Eine sehr bunte Mischung und im neuen Jahr habe ich wieder angefangen Bands anzuschreiben, um ihre Konzerte zu fotografieren. Die erste Show sollte von Celeste aus Frankreich sein.

Gerade erst veröffentlichten sie ihr neues (fünftes) Album Infidelè(s) (die Ungläubigen) und da die Band eine sehr markante Bühnenshow liefert, sah ich es als Herausforderung, sie in ihrer selbstgewählten, fast absoluten Dunkelheit zu fotografieren. Meine Freundin Isabel hatte mir zu meiner Freude noch Karten zum Geburtstag geschenkt. Herrlich schöne Karten auf stabilem Karton gedruckt mit dem Motiv der neuen Platte. Das Dumme war wie immer – die Arbeit. In meinem neuen Job musste ich an dem Samstag eigentlich bis 21:15 Uhr arbeiten und ich hatte gesehen, daß Celeste um 21 Uhr beginnen sollten. Das löste natürlich eine besorgniserregende Unruhe in mir aus, ob ich es noch rechtzeitig schaffen würde.

Ich bekam zum Glück eher frei und raste mit meinem Fahrrad von Kreuzberg nach Friedrichshain und wartete bis Isabel mit unserer Freundin Lisa eintraf. Ich trieb die Beiden zur Eile und als wir in der Halle ankamen, hatten Celeste natürlich schon begonnen zu spielen und das Konzert war zudem noch ausverkauft. Eigentlich mein absoluter Alptraum und insgeheim verfluchte ich meinen Job und auch mich selbst, daß ich nicht blau gemacht habe. Zusammen kämpften wir uns durch die Menschen, stiegen über Rucksäcke, die wie Leichen wahllos in der Gegend herum lagen und kamen endlich bei der Bühne an.

Leider etwas zu spät, aber irgendwie gelang es mir, mich in die Musik einzufinden und den Stress davor zu vergessen. Dieser düstere Sound, bei dem man jeden Basston in den Rippen spürt und mich immer mehr in das schwarze Loch hineinsog, daß sich urplötzlich unter meinen Füssen auftat. Dazu die stockdunkle Bühne, die nur von den roten Kopflampen der Musiker und gelegentlichen Stroboskop Blitzen erhellt wurde. Dadurch verschwanden die Individuen und sowohl die Musiker, als auch das Publikum konnten sich dem Klang hingeben und ich sah oft geschlossene Augen, die sich von der Musik treiben ließen.

Leider war der brutale, düstere Sturm nach einer Stunde schon vorbei. Ich freute mich dennoch, denn Celeste haben sogar schon Konzerte von nur dreißig Minuten Länge gespielt. Urplötzlich war die Konzerthalle ratzfatz leer gefegt und wir fragten uns, wo die ganzen Leute hin verschwunden waren. Vielleicht in das schwarze Loch unter meinen Füssen?

Wir wollten zusammen noch was trinken gehen und trafen die Zuschauer dann eine
Etage höher am Merchandise Stand der Band. Mein Portemonnaie war sowieso leer, also brauchten wir uns hier nicht aufhalten. Immer noch hatte ich das Konzert nicht fassen können, aber es war so atemberaubend düster und brutal gewesen, daß ich es noch heute von der Energie zehre.

Wir machten uns noch auf den Weg ins Urban Eck in Kreuzberg, wo wir noch bei ein paar Bier über das Konzert, Monolithen, Lisas neue Installation und Pestizide wie DDT in der ehemaligen DDR und Monsantos Glyphosat philosophierten. Besser können Abende nicht enden, vor allem weil ich sehr rasch betrunken wurde, weil ich noch nichts Vernünftiges gegessen hatte. Zu Hause bekam ich dann endlich ein wunderbares Chili Sin Carne gereicht. Dazu ein kühles Augustiner Bier. Prost!

Mit Garrett und Zeki

Konzert vom 09. Juni 2017 im Druckluft in Oberhausen
Garrett Klahn, Zeki Min

Abende, die man nicht vergisst. Bis 20:30 Uhr arbeiten mit dem Hintergedanken, heute Abend nach Feierabend noch zu einem Konzert zu fahren und wo die Arbeit irgendwann sowieso nur anstrengend wird und man sich nur darauf freut, endlich mit den Klängen der Musiker aus der quälenden Realität zu entfliehen. So sollte es auch heute sein.

Nach der Arbeit wieder kurz nach Hause und schnell etwas Essen aufgewärmt und den Meerschweinchen Jerry und Elvis etwas zu Fressen gegeben und wieder ab ins Auto die halbe Stunde nach Oberhausen gefahren, wo heute Zeki Min und Garrett Klahn von Texas Is The Reason spielen sollten.

Zeki Min aus Worpswede ist ein halber Koreaner, der laut seiner Aussage heute Abend sowohl den Zweitnamen, als auch dieses Solo Gitarren Projekt für seine Mutter ins Leben gerufen hat. Naja, ob das jetzt ein Witz war, konnte man unter den ganzen Witzen des Lehrers am Ende nicht mehr auseinanderhalten. Ein sehr angenehmer, ruhiger Zeitgenosse der schöne, ruhige und besinnliche Lieder geschrieben hat, die zum Nachdenken einladen und mir natürlich etwas Besonderes mitgegeben haben.

Zeki und Garrett waren an diesem Tag sehr spät in Oberhausen angekommen, denn Zeki war morgens noch arbeiten gewesen und eigentlich ziemlich müde. Dennoch hatte er eine sehr professionelle Show abgeliefert und ich freue mich auf weitere Abende mit dem lustigen Norddeutschen, der ja eigentlich aus Berlin kommt und der sicher nur aufs Land gezogen ist, weil er das Landleben kennen lernen und davon singen wollte.

Während der Umbaupause stellte ich fest, daß auch Tina auf dem Konzert war. Die Frau kenne ich nur von Konzerten und wir teilen eine große Liebe zu vielen ähnlichen Bands, die wir uns auf der Bühne ansehen. Es ist interesant, wie viele Konzerte wir gemeinsam besucht haben ohne uns auch nur wirklich zu kennen. Nun grüßen wir uns schon und werden am Dienstag wieder zusammen bei Dinosaur Jr. in Bochum sein.

Noch viel lustiger war es, alte Freunde wieder zu treffen, die ich schon ein paar Jahre nicht mehr gesehen hatte. Mit Mirco bin ich vor über 20 Jahren zur Realschule gegangen und Stefan kenne ich durch gemeinsame Freunde. Wir unterhielten uns draussen in der lauwarmen Sommerluft über alte Zeiten, Graffiti, Musik und Menschen, die wir gemeinsam kennen.

Auf Garrett Klahn habe ich mich besonders gefreut. Vor allem, weil er Sänger und Gitarrist der bereits oben erwähnten Post-Hardcore Band Texas Is the Reason war, die mich in meiner Jugend Mitte der 90’er begleitete und die sich 1997 auflösten.

Er lieferte ein sehr warmes und schönes Set aus seinen eigenen Liedern und ein paar alten Texas Songs. Ein Mann, der beim Singen die Mundwinkel hochzieht und dessen warme Stimme den ganzen Raum erfüllt.
Natürlich habe ich mir am Ende seine Platte auf Vinyl besorgt, die nun im schicken Pink daherkommt. Er erzählte mir und Tina, daß der Adler auf dem Cover von einem alten Warehouse in Woodstock, NY stamme, wo er wohnte und wenn man durch diese Tür schaue, wären dort viele alte und antike Möbel zu sehen gewesen. Er habe das Haus jedoch nie von innen betreten und ich glaube, Garrett hat uns während dieses etwas spärlich besuchten Konzertes trotzdem die Tür zu seinem Herz geöffnet.

Verloren mit Monstern

Konzert vom 28. Mai 2017 im Jungle in Köln
PG.Lost, The Chasing Monster

Eine neue Konzerthalle in Köln. Den Jungle kannte ich noch nicht, obwohl er genau neben dem weltbekannten Underground lag. Ich wollte heute meine Reihe an Konzerten mit Bands vom Pelagic Records Label fortsetzen und es standen heute PG.Lost auf dem Programm. Die Halle machte auf den ersten Eindruck kein gutes Bild, denn sie lag zwischen einem Getränkemarkt und einem Vespa Handel hinter einem dicken Stahlzaun mit Schiebetor. Ich war pünktlich wie bei Facebook angekündigt gegen 19 Uhr da, aber der Laden sollte erst um 19:30 seine Tore öffnen und die Bands erst um 20 Uhr beginnen zu spielen. So gab es zumindest ein Zettel am Eingang bekannt. Ach, wie herrlich Deutsch ich doch manchmal sein kann. Pünktlich und voller Erwartung, dass Andere sich auch an die öffentlich bekannt gegebenen Zeiten halten. 😉
Flaschen auf das Gelände mitzubringen war leider auch verboten, da rief direkt der bullige Security Typ vom Eingang herüber, keine Pullen mit zu nehmen und diese bitteschön draussen zu trinken. Noch deutscher als ich es jemals sein werde.

Also wartete ich bis zum Einlass, ging dann erstmal dort zum Klo im Keller und hatte die ganze Zweit das Gefühl, in einer Diskothek zu sein. Alles war hübsch besprüht mit passenden Motiven zum Thema Dschungel. Aber alles auch irgendwie sehr inszeniert und künstlich.

Die Vorband war mir ebenso unbekannt wie der Club selbst. The Chasing Monster kommen aus Viterbo in Italien. Eine tolle Neuentdeckung, wie sich herausstellen sollte. Eine große Bereicherung der Band war vor allem Frederica Sciamanna (auch Mitglied der Band Shiver) an der Gitarre und da ich Bands mit Frauen besonders liebe, hatten sie sofort einige Pluspunkte bei mir gut. Ihr Sound war durchsetzt mit Spoken Word Passagen und rein instrumentaler Musik. Sehr atmosphärisch und energetisch. Fredericas ständig wehende blau-schwarze Haare und Aktionen stachen dabei besonders heraus. Hätte die Band ihre neue Platte Tales auf Vinyl heraus gebracht, so hätte ich sie mir sogar sofort und bedenkenlos besorgt.

Nach einer kurzen Wartepause kamen endlich PG.Lost auf die Bühne. Ein Quartett bestehend aus zwei Gitarristen, einem Bass und Schlagzeug aus Norrköping in Schweden. Ich habe selbst zwei ihrer letzten Scheiben in meinem Plattenschrank und mochte ihre energetische und zum Teil der ausufernden und wuchtigen instrumentalen Stücke sehr. Im letzten Jahr veröffentlichten sie ihr letztes Album Versus bei Pelagic Records.

Auch wenn nicht viele Zuschauer gekommen waren (ich schätze sie auf 50-70 Leute), war es doch eine tolle Stimmung. Viele Frauen und Pärchen waren anwesend und es war ungemein warm in dem Club. Gitarrist Gustav Almberg erzählte von einem Konzert in Finnland, bei dem es in dem Club eine Sauna gab. Hier in Köln wäre das nicht mehr nötig, denn die Sauna gäbe es hier direkt auf der Bühne. Was auch nicht ganz verkehrt war, denn ich schwitzte wie verrückt und musste öfter den Schweiss von der Stirn wischen.

Leider war das Konzert auch nach atemberaubenden und gefühlvollen Minuten gegen 23 Uhr zu Ende und ich kaufte mir noch einen schicken neuen Einkaufsbeutel von PG.Lost. Ich hatte ja noch einen kleinen Weg nach Hause und fuhr dann auch fast sofort los, um schließlich von der Musik beseelt in mein Bett zu plumpsen.

Wellen im Labyrint

Konzert vom 14. Mai 2017 im Djäzz in Duisburg
Labirinto, Magma Waves

Wenn ich schon im Moment nicht nach Brasilien komme, so freut es mich umso mehr, wenn jemand aus Brasilien hierher kommt. Zudem noch in Form dieser guten instrumentalen Band Labirinto.

Das Djäzz in Duisburg liegt genau in der Innenstadt, also beschloss ich, meinen Wagen in einem Parkhaus abzustellen, um ein eventuelles Chaos bei der Parkplatzsuche zu vermeiden.

Gesagt, getan stellte ich die Kiste erfolgreich ab und lief natürlich zuerst einmal in die falsche Richtung, also weg vom Djäzz. Ich nutzte jetzt zum ersten Mal die Navigation von Google Maps, die mir den Weg zu dem Club mit einer angenehmen Frauenstimme erklärte. Ich kam sogar an.

Es war noch nicht viel los in dem Keller-Club und da es warm war, bestellte ich mir ein Bier und trank es draussen vor der Tür genüsslich aus, holte mir direkt noch ein zweites bei der netten Bardame und stand weiter draussen herum. Mit mir warteten noch weitere Leute vor der Tür, wobei ein Teil sicher zu dem Gefolge der beiden Bands gehörte. Insgesamt waren nicht viele Zuschauer anwesend und es sollten auch beim Konzert nachher nicht viel mehr werden.

Es dauerte gefühlte zwei Stunden, bis dann die erste Band Magma Waves aus Duisburg und meiner eigenen Heimatstadt Essen anfingen zu spielen, die sich 2013 gegründet haben und seit Neuestem sogar bei Narshardaa Records unter Vertrag sind und dort ihr Debut Album heraus bringen werden.

Sie spielten einen sehr angenehmen, sphärischen instrumentalen Rock, der manchmal in vulkanischen Wellen über das Publikum herunter krachte und dann wieder in ganz ruhige und sanft blubbernde Lavateiche überging.

Labrinto hatten gerade ihr neues und drittes Album Gehenna bei Pelagic Records heraus gebracht und waren nun auf einer ausgedehnten Europa Tour unterwegs.

Die Band selbst besteht aus sechs Musikern, die sich 2005 in São Paulo zusammen gefunden haben, um einen düsteren, rein instrumentalen Sound zu produzieren, der mit zusätzlichen Trommeln noch wuchtiger klingt. Im Hintergrund der Bühne liefen Videos ab, die zum Teil abstrakt waren, manchmal Feuer oder wunderschöne Landschaften zeigten und sogar ein paar Aufnahmen einer Protestbewegung (vermutlich in Brasilien). Leider lieferte die Band keine Angaben zu genau diesen Protestvideos, was ich gerne gehabt hätte.

Die Bardame an den Tresen tanzte in sehr agilen Bewegungen mit einem stetigen Grinsen auf den Lippen und das Publikum stand gebannt vor der Klangwand der Band. Es waren auffallend viele Pärchen anwesend und ich glaube auch eines hatte seine Teenager Tochter mit dabei.

Auch wenn die Zuschauerzahl nicht weiter wuchs und leider für diese Band viel zu wenige Leute anwesend waren, endete das Konzert leider auch viel zu früh. Ich hätte gerne noch weiter den Klängen der Gruppe gelauscht. Ich besorgte mir aber schließlich noch die neue Platte der Gruppe und verabschiedete mich, da ich am nächsten Tag nach Berlin fahren wollte.

Den Weg zurück zum Auto fand ich auch noch ganz gut, aber den Eingang in das Parkhaus suchte ich vergeblich. Merkwürdigerweise war die Tür,über die ich anfänglich das Parkhaus verlassen hatte, verschlossen und es sah alles seltsamerweise verlassen und leer aus. Ich bekam es schon mit der Angst zu tun, morgen früh erst einmal nach Duisburg fahren zu müssen, um meinen Wagen aus dem Haus zu befreien. Ich ging aber schließlich die Einfahrt für Autos hinunter in das dunkle Parkhaus, suchte mit meiner Handy Taschenlampe meinen Wagen und als ich zu dem Bezahlautomat kam, sprang das Licht in der gesamten Anlage an. Ich konnte also ganz normal wieder heraus fahren und kam sogar mit meinem Auto zu Hause an.

Vom Passatwind verfolgt

Konzert vom 06. Mai 2017 im MTC in Köln.
Trade Wind, Traced by Enemies

Wer Liebeskummer hat oder in einer Fernbeziehung lebt, ist bei Trade Wind sicher gut aufgehoben. So könnte ich den Sound der Band ganz gut umschreiben. Schmachtende, herzzerreißende Post-Hardcore Lieder.
Nicht nur deswegen musste ich nach Köln fahren, um mir die Band anzusehen, sondern auch weil mir ihre letzte Platte You Make Everything Disappear sehr gut gefiel.

Das MTC ist leider so unglaublich blöd in der Innenstadt gelegen, daß es mehr als ein Kunststück ist, mit einem Auto einen Parkpatz zu finden. Also musste ich etwas herumkurven, bis ich in einer kleinen Seitenstrasse endlich einen fand. Der kostete natürlich Geld und ich hatte kaum Münzen in meinem Portemonnaie und warf zwei Euro in den Automaten ein, um eine knappe Stunde Parkzeit zu erwerben. Ich bin dann zu einem Kiosk gelaufen, um dort noch einen Schein gegen Münzen einzutauschen, denn auf aufwendige Abschlepp-Aktionen hatte ich kein Interesse, Also nochmal vier Euro in den Automaten eingeschmissen und das würde sicher schon passen. Ich bin sicher, daß sowieso keine Politessen in der Nacht herumwanderten. Aber meine Paranoia hatte mich wieder überwältigt und ich zahlte artig die Parkgebühren.

Der Weg vom Auto zum MTC war jetzt natürlich lang und irgendwann führte er mich durch die Partymeile Kölns, wo eine Menge Kneipen, Diskotheken und Restaurants sich aneinander reihen. Es war supervoll, denn es war ja ein Samstag und nicht jeder musste am nächsten Morgen wieder um 6 Uhr aufstehen um zur Arbeit zu gehen. So wie ich eben.

Das MTC ist ein Kellerclub, in dem ich schon einmal Karma To Burn gesehen habe. Das Licht ist bescheiden, aber ich wollte den Versuch wagen und hier fotografieren. Vor der Show noch zwei frisch gezapfte Kölsch herunter geschüttet und gewartet. Mir fiel auf, daß heute erstaunlich viele Teenager anwesend waren und vor allem auch ein sehr hoher Anteil an Frauen. Gut für romantisch veranlagte Geister sind Trade Wind genau richtig. Ich kam mir mit meinen 40 Jahren auch nicht alt vor.

Als Vorband spielten heute Traced by Enemies, einer Hardcore/Metal Combo aus der Grenzstadt Viersen. Sie spielen erst seit 2014 zusammen und haben im letzten Dezember ihre erste EP unter dem Titel Unity In Diversity heraus gebracht. Für den Hauptakt Trade Wind war die Band zwar etwas schnell und sehr wuchtig. Aber vielleicht auch Taktik, um zuerst im Sturm zu stehen und sich dann in den ruhigen Dünen einzukuscheln. Die Gruppe war nicht schlecht und ich freue mich, sie mal in einem anderen Zusammenhang kennen zu lernen.

Trade Wind sollten nun den Kuschelkurs einleiten. Jesse Barnett (Stick To Your Guns) und Tom Williams (Stray From The Past) haben diese Band 2014 gegründet und nach einer EP zwei Jahre später schon ihren ersten Longplayer veröffentlicht. Die Texte handeln natürlich nicht nur von Liebe, sondern auch von Einsamkeit und den Alpträumen Jesses, der sich hier sehr persönlich und authentisch wiederspiegelt.

Auch wenn das Set aufgrund der wenigen bisher veröffentlichten Lieder recht kurz war, gefielen mir die einzelnen Stücke live viel besser als auf Vinyl. Und auf Vinyl fand ich sie schon sehr gut. Den ganzen Teenies gefiel die Show wohl auch ziemlich gut, denn sie waren genau wie ich ziemlich beseelt. Sie hatten jetzt nur den Vorteil, weiter an der nun folgenden Party abzutanzen, denn ich musste nun zu meinem kleinen Auto dackeln, vorbei an den schon etwas angetrunkenen Student_innen in den Kneipen und nach Hause fahren. Es war so 22:30 Uhr und mir blieben nur ein paar Stunden, bis ich mich wieder aus dem Bett quälen musste. Der Sonntag sollte lang werden, denn ich hatte sogar noch einen Fotoauftrag nach der regulären Arbeit zu erledigen.

Aber für gute Musik ist mir kein Weg zu weit und keine Müdigkeit zuviel.

Setlist Traced By Enemies
Intro
Unity In Diversity
Pay The Price
Trapped A Life
Monuments
Killing Intro
Cages
Truth Is …
Love

Kollektive Stimmung

Lesung vom 10. April 2017 im Café Hibiskus in Köln.
Konzert vom 10. April 2017 im Underground in Köln.
Nathan Gray Collective, The Devil’s Trade

Vor kurzer Zeit habe ich erst die neue Platte von dem Boysetsfire Sänger Nathan Gray erhalten und mich sehr gefreut, dass er nun mit seiner neuen Gruppe auf Europa Tour kommen würde. Dann kam sogar noch die frohe Kunde, daß er aus seiner zeitgleich erschienenen Biografie vorlesen würde.

Seine Lesung sollte um 18 Uhr beginnen und in dem kleinen Café Hibiskus in Köln stattfinden. Direkt neben dem Underdog Plattenladen, der das Ganze organisiert hatte. Ich war natürlich knapp eine Stunde zu früh da, denn der Laden war eher sehr klein und ich wollte unbedingt einen Platz erwischen. Zu Beginn war fast niemand da, aber es kamen bis 18 Uhr an die 30 Leute zusammen.

Nathan schien sichtlich nervös zu sein vor dieser kleinen Meute in diesem sehr intimen Rahmen zu stehen. Das sagte er auch ganz deutlich, denn auf Konzerten hat er diese massiven Gitarrenwände hinter sich und hier stand er ganz alleine. Er erzählte etwas und las ein wenig aus seinem Buch vor, aber bereits nach einer Viertelstunde war er damit auch schon fertig und ging dazu über Bücher, CDs, Pappbecher, Eintrittskarten und ähnliche Souvenirs zu signieren und sich kurz mit den Fans zu unterhalten. Fotos wurden mit ihm gemacht, Smalltalk geführt und Fragen gestellt. Ich fand die Lesung für meine Begriffe leider etwas sehr kurz und hätte sie gerne etwas länger gehabt, aber je nachdem wie Nathan seine Priorität gesetzt hat, wollte er wohl eher den engen Kontakt zu den Fans haben.

Natürlich ließ ich auch mein Buch signieren und habe ihm sogar mein eigenes letztes Buch mitgebracht. Street Messages. Das mit den ungefragten Graffiti und Street Art Texten im öffentlichen Raum. Schaut euch mal danach um. Ich bin nach der Signierstunde auch wieder zu meinem Wagen zurück und zum Underground gefahren, um mir das Konzert anzusehen. Vorher musste ich noch zu einer Pizzeria, um meinen Magen etwas zu befüllen, denn ich hatte kaum etwas gegessen.

Als ich im Untergrund ankam, war er erschreckend leer und ich hoffte, daß hier nicht wieder so wenig Leute wie in Birmingham kommen würden, wo nur 25 Zuschauer anwesend waren. Aber als The Devil’s Trade die Bühne betrat, war die Halle doch fast gefüllt. Die Band besteht im Grunde nur aus einer einzigen Person – Dávid Macó, der auch bei der ungarischen Sludge Metal Band Haw mitspielt. Der Mann mit Glatze, einer elektrischen Gitarre, einem Banjo und einer akustischen Gitarre füllte mit seiner Stimme und der Stimmung seiner Lieder den ganzen Underground aus und nahm vom ersten Moment seiner Show das Publikum in seinen Bann. Auf jeden Fall ein Musiker, den man sich nochmal anhören sollte.

Es gab dann eine kleine Umbaupause, in der Nathan seinen Altar oder die Kanzel aufbaute, um seine musikalische Predigt zu beginnen. Nathan Gray verfolge ich nun schon viele Jahre mit Boyetsfire, The Casting Out (I Am Heresy haben mir nicht so sehr gefallen) und auch jetzt bin ich von seinem neuen Projekt dem Nathan Gray Collective schwer begeistert. Daher habe ich auch die Crowdfunding Kampagne auf Pledgemusik für deren neue Platte und Nathans Buch unterstützt.

Der Sound war ein wenig merkwürdig abgemischt, denn das Schlagzeug stach irgendwie etwas dumpf und dominant hervor. Die Stimmung der Lieder kam jedoch authentisch herüber und Nathans Dominanz auf der Bühne und sein absoluter Enthusiasmus, mit denen er die Lieder zelebriert, wirkte absolut ansteckend. Seine schiere Energie kann man fast fassen und die Lieder waren live sogar intensiver als auf Platte. Sie spielten einige Lieder aus der neuen Platte und der ersten EP.

Diese Stimmung konnte man auch im Publikum spüren, denn es schwang auf derselben Ebene mit, wie die Band selbst und ich glaube die Euphorie und die Lieder ergriffen den gesamten Untergrund. Ich denke, dass jedEr Zuschauer*in am Ende mitnehmen konnte, dass wir alle bald oder in einiger Zeit sterben werden. Es ist Zeit, das Leben zu nutzen!!!

Mit Helm unterwegs

Konzert vom 07. Februar 2017 im Gebäude 9 in Köln.
Helmet, Local H

Anfang Februar habe ich mir Helmet und Local H in Köln angesehen. Der Konzertbercht wurde jetzt in der aktuellen OX Ausgabe veröffentlicht. Also los geht und holt euch dieses tolle Magazin!

Helmet live im Gebäude 9 in Köln am 07. Februar 2017