Erik, nicht Leonard

Konzert vom 18. November 2016 im Zakk Club in Düsseldorf.
Erik Cohen

Das Konzert von Smoke Blow in Köln hatte ich verpasst, weil es schon seit Monaten ausverkauft war. Dann sollte ich mir wenigstens Erik Cohen gönnen, der mit seiner neuen Platte Weisses Rauschen auf Tour war. Die Scheibe konnte sich sogar bis auf Platz 74 der deutschen Charts hervorarbeiten, also war es schon Pflicht, das Soloprojekt von Daniel Geiger einmal live zu sehen.

Zudem fand das Konzert im Zakk Club statt und da ich das Zakk sehr liebe, bin ich hingefahren, habe vorher mit Daniel geschrieben, ob ich fotografieren könnte und netterweise hat er es mir erlaubt. Auch wenn das Licht im Zakk Club gegenüber der Halle im Zakk eher bescheiden ist, habe ich versucht, das Beste mit meiner Kamera aus dem Abend heraus zu holen.

Daniel (aka Erik Cohen) gründete 1997 die Band Smoke Blow. Seit 2010 will die Band keine Studioalben mehr veröffentlichen und gibt nur vereinzelte Konterte. 2011 begann Daniel sein Soloprojekt Erik Cohen und brachte bislang zwei Studioalben heraus.

Von den beiden Platten spielte Erik Cohen eine bunte Mischung und natürlich auch die Hits „Chrom“ und „Hier ist nicht Hollywood“. Das Publikum war zwar wegen des kleinen Clubs im Zakk noch überschaubar, aber der kleine Laden war voll. Es wurde getanzt und neben mir waren zwei Typen, die sehr betrunken waren. Sie mussten natürlich herum pogen, was einmal zum Sound von Erik nicht wirklich passte und vor allem knallte einer von ihnen ständig auf den Boden, weil er vom Alkohol nicht mehr stehen konnte. Einmal saß er vor mir auf der Treppe, die zur Bühne hinaufging und bumm, bumm, bumm glitt er Stufe für Stufe auf den Boden herunter, bis er da unten lag wie ein dicker Käfer auf dem Rücken. Da musste ich ja schon etwas lachen.

Nach dem regulären Konzert gingen Erik Cohen irgendwie die Lieder aus und sie wiederholten einfach noch drei Songs aus dem regulären Set, bis dann gegen 22:15 Uhr ein tolles Konzert zu Ende ging. Ich habe mir natürlich direkt am Merch-Stand die neue Platte im blauen Vinyl geholt, von der nur 100 Stück gepresst wurden. Später sah ich auf Discogs, daß diese Scheibe schon für 160 Euro gehandelt wird und ich habe gerade einmal 1/10 davon bezahlt. Verrückt diese Plattensammler.

Wilhelm schreit nach der drogenabhängigen Haut der Träne

Konzert vom 17. August 2016 im Turock Essen
Strung Out, A Wilhelm Scream, Skin Of Tears

Mann, da habe ich mir ja einen Titel ausgedacht. Pfff. 😉
Als ich hörte, daß A Wilhelm Scream in Essen spielen sollten, habe direkt den Nico von Beer & Music angeschrieben, ob ich dort fotografieren kann. Ich habe bislang zwar nur die Career Suicide Platte von ihnen gekannt, die aber auch schon neun Jahre alt ist. Ich hatte stets meinen Gefallen an dem Vinyl und musste natürlich hin. Es sollte eine Offenbarung werden!

Im Turock sehe ich gerne Konzerte, das Licht ist gut, der Sound ist gut und der Schuppen nicht weit von mir. Ich kam diesmal und wohl das einzige Mal in diesem Jahr genau um 19:30 Uhr an und selbst die Türsteher wussten nicht genau, ob nun schon Einlass war oder nicht. Ich wurde trotzdem herein gelassen, bekam den obligatorischen Stempel und besorgte mir erst einmal ein Bier.

Es dauerte bis 20 Uhr, als Skin Of Tears die Bühne betraten. Ich hatte sie im Schuppen genau nebenan vor fast exakt sechs Monaten gesehen, als sie für Distemper Vorband waren. Die Gruppe stammt aus Wermelskirchen bei Wuppertal und ist nun seit über 25 Jahren musikalisch unterwegs. Erst in diesem Jahr haben sie ihre neue Platte Fake My Day! veröffentlicht. Sie durften nur eine halbe Stunde spielen und die Zeit war auch rasant vorbei. Bislang ist es die Band, die ich in diesem Jahr am meisten live gesehen habe.

Dann wurde fleissig umgebaut und ich war gespannt auf die Band, wegen der ich eigentlich gekommen war: A Wilhelm Scream. Wie im Eingang geschrieben, kannte ich sie seit einigen Jahren nur von dem gelben Vinyl der Career Suicide Platte und hatte sie einmal in Köln verpasst, weil da irgendetwas anderes war. Heute durfte ich sie endlich sehen und was die fünf Jungs aus New Bedford, Massachusetts auf die Bühne bretterten, haute mich fast um. Normalerweise hatte ich sie als eher melodiös in Erinnerung und sie kamen eher aus der Surf-Punk und Propagandhi Richtung. Was sie hier live ablieferten war ein schnelles und brachiales Brett, das von Energie nur so strotzte und die Lieder klatschten nur noch links und rechts um den Kopf.

Sänger Nuno Pereira, neben Trevor Reilly eines der Gründungsmitglieder (eine Band, die übrigens auch unter dem Namen Koen und Smackin‘ Isaiah auftrat), war das ganze Konzert eigentlich nur in Bewegung und es war spannend ihm zuzusehen. Er erinnerte mich etwas an die Bühnenperformance von Jello Biafra. Spannend, witzig und elektrisierend. Einen Tag nach dem Konzert gaben sie bekannt, dass sie schon an einem neuen Album arbeiten. Ich bin gespannt.

Strung Out
bedeutet unter anderem drogenabhängig, obwohl ich nicht genau weiss, ob sich die Band wegen dieser Bedeutung so benannt hat. Sie kommen aus dem sonnigen Kalifornien und spielen schon seit 1990 in fast der originalen Besetzung. Sie sind bei Fat Wreck Records unter Vertrag und versprühen den sonnigen Charme des Labels – sonniger, energiegeladener Punk mit persönlichen Texten. Sänger Jason Cruz ist ein Perfektionist, der neben seiner Tätigkeit als Sänger bei Strung Out auch malt und Gedichte schreibt. Mehrmals gab er dem Menschen an der Lichtmaschine Anweisungen, welche Stimmung er gerade haben wollte und regte sich am Ende etwas auf, als dieser bei dem Song Rebellion Of The Snakes (??) nicht das Licht auf rot beschränkte und es etwas abdunkelte. Fortan blieb die Beleuchtung komplett rot.

Um ca. 23:15 Uhr war dann das Spektakel zu Ende und in sechs Stunden sollte ich wieder zum Dienst auf der Arbeit erscheinen. Eine kurze Nacht mit nur vier Stunden Schlaf stand mir bevor.

Kunstlose Wut von schockierenden Idioten

Konzert vom 04. März 2016 im Bahnhof Langendreer, Bochum
The Idiots, Artless, Die Wut & Shock Out

Den Weg zum Bahnhof Langendreer finde ich schon fast im Blindflug. Auf dem Weg vom Parkplatz zur Halle fielen mir zwei Punks mit Irokesen Haarschnitt und bunten Haaren auf, die aus einem silbernen Mercedes der S-Klasse ausstiegen und ich habe mir nur gedacht: „Meine Güte haben sich die Zeiten geändert, früher fuhren die Punks mit dem Bus zum Konzert und heute steht der Mercedes vor der Tür.“

An diesem Abend waren The Idiots im Langendreer zu Besuch und ich hatte mir schon länger beim Sir Hannes Schmidt die Erlaubnis geholt, dort fotografieren zu können. Wieder so eine Band, die ich aus meinen Jugendjahren kenne und die nun wiedersehen werde. Ich habe meine Erinnerung ausgewrungen, ob ich sie schon in der Mitte der 90’er Jahre einmal live gesehen habe, aber ich kam auf keine bewusste Begegnung. Vielleicht ist ein Konzert der Idiots auch in Vergessenheit geraten in dem Nebel der Erinnerung oder aufgrund des konsumierten Alkohols.

Ich betrat gerade die Halle, als die erste Vorband Shock Out auf der Bühne stand. Vier junge Männer, die sich 2012 zusammen gefunden haben, um gemeinsam Musik zu machen. Heute brachten sie ihre erste EP mit dem Titel Beast heraus. Also eigentlich eine Release Show. Als Vorband von den Idiots.

Diese EP mit ihren vier Liedern spielten sie auch vollständig durch und legten noch ein paar Songs drauf. Als Zugabe gab es dann noch Blitzkrieg Bop von den Ramones. Der Sänger erinnerte mich irgendwie an Dustin Kensrue von Thrice, aber nur visuell.
Die Band hatte sogar einen Startblock mitgebracht, um den Leuten das Stagediven zu erleichtern, aber er wurde irgendwie nicht genutzt. Bevor ich den Sound der Band so richtig erfassen konnte, war ihre Spielzeit auch leider vorbei.

Shock Out - Bahnhof Langendreer, Bochum - 04.03.2016

Shock Out – Bahnhof Langendreer, Bochum – 04.03.2016

Als zweite von den insgesamt vier Bands heute Abend spielten Die Wut. Sie haben sich bereits 1980 gegründet und zwischen 1983 und 2007 hatte sich die Band aufgelöst. Nun touren sie wieder und spielen vereinzelte Konzerte. Vor kurzem haben ihren Gitarristen verloren, sodass der Sänger diesen Part übernehmen musste und nicht wirklich zufrieden schien mit dieser Aufgabe. Er beschwerte sich nicht nur einmal über den Verstärker in seinem Rücken. Aber ihr Sound klang wie in den 80’ern, rau, punkig und kantig mit viel politischer Botschaft.

Die Wut - Bahnhof Langendreer, Bochum - 04.03.2016

Die Wut – Bahnhof Langendreer, Bochum – 04.03.2016

Als dritte Band im Bunde trat ein ganzer Trupp an Musikern auf die Bühne: Artless aus Duisburg. Drei Gitarren, ein Bass, ein Schlagzeug und ein Sänger. Einer der Gitarristen spielte sogar noch Orgel, die bei der lärmenden Wand der Gitarren leider vollständig unterging und nicht zu hören war.

Artless existieren auch schon etwas länger, die bereits 1981 ihren legendären Single Mein Bruder ist ein Popper aufgelegt haben. Dieses Lied spielten sie auch heute Abend, was einen frenetischen Applaus und tanzwütige Teenager auf das Parkett rief. Bei der Band sind heute noch Sänger Hank Sinatra und Gitarrist/Keyboarder Willi Solid als einzige verbliebene Originalmitglieder der 1979 gegründeten Band aktiv. Auch diese Band löste sich 1981 auf und formierte sich 2007 neu.

Ihre Wand aus Gitarren und der schnelle Sound mit manchmal etwas skurrilen Lieder (Unrasiert??) haut mich um, daß bald meine Ohren schmerzen und ich für die Idiots meine Ohrstöpsel einlege.

Artless - Bahnhof Langendreer, Bochum - 04.03.2016

Artless – Bahnhof Langendreer, Bochum – 04.03.2016

Zu guter Letzt und der Hauptakt des Abends sind The Idiots aus Dortmund, wo sie auch ihren gleichnamigen Laden und ihr Plattenlabel haben. Ich bin auf die Band Anfang der 90’er aufmerksam geworden, als sie ein paar Lieder auf dem 1989 erschienen Das waren noch Zeiten Sampler veröffentlichten.

Die Idioten haben sich schon 1978 als frühe Punkband gegründet, die den Deutschpunk massgeblich beeinflussten. Ihr Gründungsmitglied Sir Hannes ist heute das einzig verbleibende Mitglied der Gruppe. Er ist positiv exzentrisch und hat eine sehr starke Bühnenpräsenz, die an Jello Biafra heranreicht und seine eigene Klasse besitzt.

Sie sind seit jeher bekannt dafür, Aktionen auf der Bühne zu machen und auch heute legte sich Sir Hannes eine Fleischwurst und ein Schinkenstück auf den Kopf, während er das Lied Fleischwolf sang. Seine Mimik und Gestik ist ausdrucksstark und der treibende, trashige Punksound mit seiner manchmal kreischenden Stimme nimmt das Publikum mit. Es wird gepogt, Bierfontänen sprühen auf die Bühne und irgendwann zerbricht eine Glasflasche am Bühnenrand.

Das gehört dazu und ist beabsichtigt und gegen Ende des Konzertes verteilt die Band Hansa Bierdosen ins Publikum, sodaß der Boden nass und glitschig ist. Ein echtes Punkkonzert hat so zu enden. Es ist 1:30, ich kann nicht mehr und schleppe mich zum Auto zurück.

The Idiots - Bahnhof Langendreer, Bochum - 04.03.2016

The Idiots – Bahnhof Langendreer, Bochum – 04.03.2016

Setlist Die Wut:
Blinde Wut
Raus
Punk
Kirche
Giftgas
Armutsstaat
Überwachung
Wahrheit oder Pflicht
Jetzt oder Nie
Drecksland
Zu Still
Morgen
Leben
Zugabe:
Freiheit

Setlist Artless:
Erleuchtung
Alkohol
Herdentiere
Großstadt
Urlaub
Peace & Anarchie
Alles Geht
Jenny
Punk 80
Das Leben
Unrasiert
Komm Gib Mir
Wozu
Mein Bruder
Donnerwetter
Mach’s Gut
Zugaben:
Diese Stadt
White Riot
Were Only

Setlist The Idiots:
Deathbrains
Der Tod
Selbstmord
Gott Sei Punk
Alter Schwede
Fleischwolf
Nuclear War
Der Idiot
Verseucht
Bayrischer Wald
Mädchen mit den roten Haaren
Der Säufer
Samstag Nacht
Schweine ins Weltall
Emmi oh Emmi – Idioten ficken besser
Der S04 und der BVB
Heavy Metal Psycho Punk
Kill Him
Amok
Edeka
Zugaben:
Now I Wanna Be Your Dog
Tage ohne Alkohol
Destroy My Body
Pechvogel bei den Frauen