Spielpuppen in rauen Bereichen

Konzert vom 15. Februar 2017 im Poppodium Grenswerk in Venlo.
The Toy Dolls, Harsh Realms

Zwischen dem SNFU Konzert und der heutigen Show, besuchte ich noch Helmet im Gebäude 9 in Köln. Der Artikel wird in der April Ausgabe des OX Fanzines veröffentlicht. Sobald ich ihn habe, stelle ich ihn mit ein paar Fotos hier online.

Das Toy Dolls Konzert in Essen war bereits ausverkauft, und da ich meine neue Liebe zu Konzerten in Holland entdeckt habe, lag es auf der Hand für die Toy Dolls nach Venlo zu fahren. Eine Stadt an der deutsch-holländischen Grenze, nur knapp 45 Autominuten von mir zu Hause entfernt. Früher der Pilgerort für alle Kiffer aus dem Ruhrgebiet, der aber auch über einen gut sortierten, wenn auch etwas teuren Plattenladen verfügt. Nicht-Kiffern und Anhängern des Radios wird Venlo sicher durch die 2 Brüder ein begriff sein, wo am Wochenende ganze Horden deutscher Ausflügler Kaffee und sonstiges Zeug einkaufen.

Ich parkte den Wagen etwas ausserhalb des Zentrums in den kostenlosen Straßen und lief ein paar hundert Meter in die Stadt und kaufte in einem Supermarkt erst einmal diese kleinen holländischen Rosinenstütchen, Vla, Schokoladenstreusel und ein paar andere typisch holländische Spezialitäten. Schon beim Einkauf lief mir das Wasser im Mund zusammen und ich beschloss, öfters nach Holland zu fahren.

Die Sachen wieder im Wagen verstaut und zurück in die Stadt die Halle suchen. Das Konzert sollte im Grenswerk stattfinden. Von den Bildern, die ich vorab im Internet recherchiert habe, schien es ein relativ neues Gebäude zu sein und richtig, es sah aus, als wenn es vor 2 Jahren erst errichtet wurde. In der Halle stellte ich fest, daß ich mir vor dem Eingang einige Chips kaufen musste, mit denen ich dann mein Bier bezahlen kann. Für 10 Euro gab es fünf Chips. Das war dann auch der Mindestbetrag, den man an Chips holen konnte. Ein kleines Bier kostete einen Chip. Na, da macht der Schuppen sicher jede Menge Gewinn von den Leuten wie mich, die nicht alle Chips zum Trinken aufbrauchten.

Die Halle selbst glich einem Raum für Ballett- oder Orchesterveranstaltungen. Punks wie die Toy Dolls schienen irgendwie deplatziert zu sein. Als Auftakt spielten Harsh Realms aus Rosendaal in den Niederlanden. Ihre Ansagen verstand ich nicht, denn sie sprachen nur holländisch und spielten eine gefällige Mischung aus rockbarem Punk und angenehmen Rock. Nichts weltbewegendes, aber tanzbar.

The Toy Dolls sind die Begründer des Funk-Punk Genres und wurden schon 1979 gegründet. Das einzig verbliebene Mitglied der Ur-Besetzung ist Olga Algar an der Gitarre. Begleitet wurde er nun von Tommy Gobber am Bass und dem legendären Duncan Redmonds, dem Schlagzeuger von Snuff. Nicht nur wegen ihm wollte ich die Dolls sehen, denn wenn schon nicht Snuff selbst kommen, dann wenigsten ein Bandmitglied von ihnen auf der Bühne.

Was sollte man von diesen Ulknudeln anderes erwarten als eine lustige Show mit vielen Einlagen, Lametta, Luftballons und Comedy. Sonnenbrillen, viel Choreografie, Hüpfen und jeder Menge Witze.
Um knapp 22:30 Uhr flogen dann die Luftballons von der Decke und die Show war vorbei. Es knallten die Ballons und ich verließ diese edle Stätte der Musik im Herzen venlos.

Setlist The Toy Dolls
Fiery Jack
Cloughy Is A Bootboy
Bitten By A Bed Bug!
The Death Of Barry The Rooper With Vertigo
Dirty Doreen
Dougy Giro
Spiders In The Dressing Room
Nellie The Elephant
The Ashbrooke Launderette
Alfie From The Bronx
Bless You My Son / My Girlfriend’s Dad Is A Vicar
She’ll Be Back With Keith Someday
Idle Gossip
The Lambrusco Kid
Tocatta In Dm
Alecs Gone
Drums
Harry Cross (A Tribute To Edna)
Wipe Out!
———–
When The Saints
Glenda And The Test Tube Babies
Dig That Groove Baby
———–
She Goes Out To Finos
Theme Tune

Ferngespräche mit Feueralarm

Konzert vom 09. Dezember 2016 im FZW in Dortmund.
Long Distance Calling

Wenn ich Konzerte besuchen möchte, ist das immer ein kleiner Akt. Ich muss mindestens einen Monat vorher auf meiner Arbeit Bescheid geben, daß ich an dem Tag Frühdienst haben möchte. Mein Spätdienst endet um 20:30 Uhr und da platze ich dann meistens erst mitten im Konzert hinein und bekomme nur die Hälfte mit. Das ist dann nicht besonders zufriedenstellend. Ich brauche einen neuen Job.

Für heute hatte ich mir Long Distance Calling vorgenommen. Die Band höre ich seit der ersten Platte, aber hatte sie das letzte Mal vor einigen Jahren live gesehen. Also war es mal wieder an der Zeit, sie zu besuchen. Die Gruppe war gerade auf einer Tour, die sie „An Evening with Long Distance Calling“ nannten und auf der sie ihre Instrumental Stücke spielten. Parallel dazu fanden auch einige Shows als Vorband von Amorphis statt. Mit der letzteren Band kann ich leider nichts anfangen und einen wunderbare Abend mit der sympatische Truppe aus Münster wollte ich nicht missen.

Ihre letzte Scheibe „Trips“ gefiel mir sehr gut, auch wenn sie sich etwas von dem instrumentalen Rock ihrer Anfangstage entfernt hatten und etwas in den Prog-Rock, Depri-Rock Gefilden mit Gesang herum schipperten. Sie hatten jedoch ihren Drive und die atmosphärischen Welten, die sie erschaffen, behalten und laden mich stets zum Träumen ein.

Also habe ich mich mit meinem Kleinwagen auf dem Weg nach Dortmund gemacht und kam diesmal viel zu früh um 19 Uhr an, als die Tore noch nicht einmal geöffnet waren. Aso wartete ich in der nicht allzu schlimmen Kälte des Winters nur im Kapuzenpulli, weil ich meine Jacke im Auto verstaut hatte, bis sich nach deutscher Pünktlichkeit um 19:30 Uhr endlich die Türen öffneten. Natürlich wurde ich wie jeder andere Besucher durchsucht und musste noch die Email vom Management von LDC vorzeigen, damit ich meine Kamera mit hinein nehmen durfte. Alles gut, ein Bier gekauft und direkt einen Platz vor der Bühne gesichert, denn ich erwartete, daß es voll werden würde. Das Konzert war restlos ausverkauft.

Die Show begann pünktlich (wieder sehr deutsch) um 20:15 Uhr und war jedoch nach knapp 45 Minuten schon vorbei, als sich die Band gerade warm gespielt hatte. Es gab einen Stromausfall (zumindest schien es so), bis man im Hintergrund eine Stimme hörte, die sagte: „Es ist zu einem technischen Problem gekommen, bitte verlassen Sie das Gebäude. Es gibt keinen Grund zur Panik.“ Jedenfalls sinngemäß sagte sie so etwas. Also sind wir alle raus, ich ging zum Notausgang hinter der Bühne, wo sich auch die Band befand. Dann heulten auch schon die Sirenen und dutzende Feuerwehrwagen kamen an, Feuerwehrmänner sprangen heraus und rollten ihre Schläuche aus. Ich vermute es gab einen Fehlalarm in dem hochtechnisch ausgestatteten neuen FZW. Was nun genau passiert war, wurde nicht gesagt.

Ich unterhielt mich mit einer netten Studentin aus Dresden, die derzeit in Münster Design studierte. Da wo die Band auch herkam. Wie passend. Nach knapp 15 Minuten war das Schauspiel auch schon zu Ende. Die Schläuche wurden wieder eingerollt und wir konnten in die Halle zurück. Ich suchte mir einen neuen Platz vor der Bühne, um eine andere Perspektive aufnehmen zu können. Zwar bedeutete diese Unterbrechung einen Schnitt im Fluss der Lieder, aber die Gruppe fand gekonnt wieder zurück auf die Gleise.

Die Show war eine bunte Mischung aus den gesamten fünf Alben der Band und man merkte ihnen ihre Spielfreude an. Sehr sympatische Menschen mit sehr energiegeladenen, emotionalen Liedern, die den Besucher auf gleich mehrere Trips entführte.

Eines der wohl ungewöhnlichsten Konzerte mit Unterbrechung, aber eine wunderbare Band. Wo ist denn jetzt die nette Studentin von vorhin geblieben?

Setlist Long Distance Calling
Into the Black Wide Open
Trauma
Sundown Highway
359
The figrin D’an Boogie
Black Paper Planes
Aurora
Ductus
The Very Last Day
Momentum
Timebends
Arecibo
Apparations
Metulsky Curse Revisited
Flux

Federleichte Schwere

Konzert vom 29. August 2016 im Kulttempel in Oberhausen
Caspian, Jo Quail

Zuletzt habe ich Caspian vor knapp sechs Jahren im Kiff in Aarau in der Schweiz gesehen. Damals hat auch noch ihr damaliger Bassist Chris Friedrich gelebt, der im August 2013 unerwartet verstarb. Da Caspian eine sehr gute Live Band sind, habe ich natürlich direkt Backs von Positive Records gefragt, der das Konzert veranstaltete, ob ich dort Fotos machen kann. Alles klar, Karte besorgt und mich schon drauf gefreut.

Den Kulttempel in Oberhausen kannte ich bis dahin noch nicht. Ich habe ihn auch natürlich nicht auf Anhieb gefunden und meinen Wagen direkt neben dem Fitnessstudio geparkt. Ich hätte auch direkt vor der Halle parken können, wie ich später feststellen musste, aber das ist ja zu einfach.

Ich war ein bisschen früh in der Zeit, also schlug ich die Zeit mit einem Bier tot, sah mir den Merchandise der beiden Bands an, wobei die Frau bei dem Caspian Stand zu meinen Shirt meinte: „Die beste Band der Welt.“ „Toundra? Ja sie gehören zu den besten!!“ (Im Instrumental Postrock auf jeden Fall.)

Der Kulttempel ist nicht sonderlich groß, man sieht, daß er auch als Diskothek genutzt wird, dann werden am Bühnenrand Eisengitter angebracht. Riesige Heiligenbilder hängen an den Wänden und das Gebäude gleicht einer nostalgischen Bahnhofshalle aus Backstein. Mit zwei Bars selbstverständlich.
Die Vorband kannte ich nicht und war sehr überrascht, was nun auf mich zukam. Es war zwar ein normales Bühnenset für Gitarren und Bass aufgebaut, aber hätte ich genauer hingesehen, wäre mir aufgefallen daß sie zu Caspians Equipment gehörten. Jeden Verstärker zierte ein Licht mit einer feder drauf, wie auf dem letzten Album.

Eine schlanke, hochgewachsene Frau betrat die Bühne und schraubte ein geschwungenes Saiteninstrument auf einen Sockel. Yo Quail, eine Londoner Cellistin und Filmkomponistin. Sie stellte ihr elektronisches Cello vor (hatte das Ding einen Namen?) und erklärte ihr erstes Stück. Dabei nahm sie einzelne Loops und Passagen auf, ließ sie digital in einer Endlosschleife laufen und baute so ein komplexes und volles Kunstwerk mit nur einem einzigen Cello auf. Das klang sehr spannend und war völlig unerwartet. Weniger tanzbar, eher hörbar, auch wenn man an einigen Stellen mit dem Kopf wippen musste oder sein Bein zucken ließ.

Sie war die Ruhe vor dem Sturm von Caspian. Ihr Konzert begann zwar sehr ruhig in einem blauen Licht mit viel Nebel, doch irgendwann flackerte das Stroboskop, als sie ihre lauten und energiegeladenen Parts spielten. Die Show hatte soviel Energie und plätscherte zeitweise durch ruhige Wellen, daß wir Zuschauer auf eine unglaubliche Reise mitgenommen wurden.

Hund frisst Hund

Konzert vom 21. April 2016 im Stone im Ratinger Hof, Düsseldorf
Dog Eat Dog und Reno Vega

Konzerte in der Düsseldorfer Altstadt sind mir immer ein Graus, weil es dort keine Parkmöglichkeiten für mein kleines Automobil gibt oder nur in einem teuren Parkhaus. Klar ich hätte auch mit der Bahn fahren können, aber wenn ich am nächsten Morgen wieder früh aufstehen muss, finde ich die Anfahrt mit dem Auto komfortabler. Dafür musste ich an dem Abend aber mit immensen Parkgebühren rechnen.

Es ist sehr lange her, dass ich Dog Eat Dog einmal live gesehen habe, daß ich mich garnicht mehr erinnern kann, wann und wo das war. Es muss auf jeden Fall irgendwann in den 90’ern gewesen sein, als ich noch kein Auto hatte und mir um Parkplatzprobleme keine Sorgen machen musste. Da sah die Umgebung um den Ratinger Hof auch noch ganz anders aus. Der Laden hat eine sehr grosse Bedeutung für die deutsche Untergrund Kultur und die Vorgängerband der Toten Hosen – ZK – hatte dort ihren Proberaum und spielten im Ratinger Hof ihr erstes Konzert. Nach vielen Jahren, in denen im Hof eine Techno Disco hauste, sind dort nun wieder unter dem Namen Stone verzerrte Gitarren zu hören.

Als erste Band standen pünktlich Reno Vega auf der Bühne. Drei Jungs aus dem kleinen, knapp 3.500 Seelen großen Ort Kahlgrund/Schöllkrippen in der Nähe von Aschaffenburg. Die Band gibt es seit 2011 und sie präsentierten einen reinen Stonerrock, der vom ersten Moment an um die Ohren blies. Bluesig, roh und voller Leben. Das Internet gibt nicht viel her, außer daß sie bald ihre erste Platte Welcome To Skullcracking veröffentlichen werden. Wir können also auf laute, tiefe Gitarrenmusik mit viel Herz gespannt sein von der kleinsten, größten Band der Welt, wie sie sich selbst bezeichnen.

Reno Vega live im Stone im Ratinger Hof, Düsseldorf am 21. April 2016.

Reno Vega live im Stone im Ratinger Hof, Düsseldorf am 21. April 2016.

Nach einer kurzen Umbaupause kam dann der Hauptakt des Abends mitten durch das Publikum auf die kleine Bühne gelaufen: Dog Eat Dog, eine von der Ostküste der USA stammende Band, die 1989 aus dem Umfeld von Mucky Pup entstanden ist. Ihre größten Hits und Erfolge feierte die Band sicher mit ihrer Mischung aus Hip-Hop, Hardcore, Crossover und Punk in der Mitte der 90’er Jahre. In dieser Zeit bin auch ich auf sie aufmerksam geworden und habe sie da sicher irgendwann auch mal live gesehen und sie und ihre kommenden Platten dann aus den Augen verloren. Alleine schon der nostalgischen Erinnerung wegen wollte ich also nach Düsseldorf.

Aber die Jungs sind heute noch auf den Bühnen der Welt unterwegs und haben gerade ihr 26 jähriges Jubiläum gefeiert. Anlass für die jetzige Tour 2016 war das 20 jährige Jubiläum ihrer zweiten Platte Play Games von 1996.

Bereits im letzten Jahr hatten sie schon im Stone gespielt und der Laden war heute restlos ausverkauft. Sie präsentierten eine bunte Mischung ihrer Platten und huldigten sogar Prince mit einem Lied, der an dem Tag des Konzertes tragischerweise verstarb. Schon direkt zu Anfang des Konzertes machte Sänger John ihre Abneigung gegen Raucher klar und hatte sogar eine Wasserpistole zum Beschießen von qualmenden Zigaretten dabei. Manchmal frage ich mich, ob es angenehmer ist, auf Konzerten den dumpfen Schweiß mancher Zuschauer_innen zu riechen oder den beißenden Qualm einer Zigarette?

Sie gaben auch bekannt, daß sie nach 10 Jahren Pause wieder an einem neuen Album arbeiten würden und spielten davon den Song Lumpy Dog. Wir dürfen also gespannt sein auf das was da kommen wird.

Dog Eat Dog live im Stone im Ratinger Hof, Düsseldorf am 21. April 2016.

Dog Eat Dog live im Stone im Ratinger Hof, Düsseldorf am 21. April 2016.

Pünktlich zur Nachtruhe war die Show vorbei. Aus Rücksicht auf die Anwohner. Wir waren alle durchgeschwitzt durch den kleinen Raum und den heissen Scheinwerfern und trotteten langsam zum Ausgang zurück. Im Stone ist es etwas unglücklich gelöst worden, daß die Getränke nicht sofort an der Bar bezahlt werden können, sondern mit einem Kartensystem am Ausgang. Dadurch gab es einen immensen Stau beim Hinausgehen, was nicht nur nervig war, sondern auch vollkommen unnötig.

Mit abschließenden 7,50 Euro weniger in meinem Portemonnaie für das Parkhaus, bin ich dann wieder nach Hause gefahren, um am nächsten Morgen wieder um 7 Uhr aufzustehen.

Setlist Dog Eat Dog:
Games
Pull My Finger
Isms
Who’s The King?
Walk With Me
Lumpy Dog
World Keeps Spinnin‘
Vibes Kartel [?]
Rocky
Step Right In
Expect The Unexpected
No Fronts
If These Are Good Times

Hardcore auf deutsch, israelisch, australisch und amerikanisch

Konzert vom 20. März 2016 im Underground in Köln
Defeater, Break Even, Kids Insane und Jail

Nein, ich bin nicht nach Köln gefahren, um mir Refused anzusehen. Das wäre vielleicht auch interessant gewesen, aber ich bin doch in den Untergrund gegangen.

Der Underground in Köln. Hier habe ich mein erstes Motorpsycho Konzert so 1994 oder 1995 gesehen, nachdem ich an der damals noch existierenden Hall Of Fame gesprüht hatte, die um die Ecke lag. Mit einer Tasche voller Dosen saß ich dann bekifft im Hintergrund der Halle und bin auf die musikalische Reise der Norweger gegangen. Hier haben viele gute Bands gespielt, die heute schon in großen Hallen gastieren. Und heute stand ein internationaler Hardcore Abend auf dem Programm.

Er begann lokal mit Jail aus Paderborn und dem Ruhrgebiet. Hardcore hat immer irgendwie etwas mit Sport zu tun. Viel springen, auch rennen, schreien, hüpfen und die Arme rudern. Sänger Björn hatte bereits eine kurze Sporthose an und war besonders aktiv auf der Bühne, wie es sich gehört: er rannte, schrie, hüpfte und war ein geladenes Energiebündel, dem man nur schwer mit den Augen folgen konnte.

Präsentiert wurde ein energiegeladener Oldschool Hardcore und auch wenn die Band im Herbst letzten Jahres gerade ihre erste 7″ Single aufgenommen und veröffentlicht hatte, wurde doch klar, daß die Mitglieder ihre Sache bereits seit vielen Jahren machen. Es klang schon sehr ausgereift und erwachsen. Ich bin gespannt auf das was noch kommen wird aus dem Gefängnis Jail.

Jail playing live at the Underground in Cologne, Germany at the 20. March 2016.

Jail playing live at the Underground in Cologne, Germany at the 20. March 2016.

Ich hatte noch nie im Underground fotografiert und war von Beginn an etwas frustriert über das schlechte Licht. Ich nehme so gut wie nie einen Blitz beim fotografieren, denn das macht total langweilige, flache Bilder und gibt keine tollen, satten Farben. Blitzfotografie in der Automatik-Funktion der Kamera kann auch jeder machen und ich fotografiere immer komplett manuell und mit dem Licht der Scheinwerfer. Also auf Konzerten. Da geht auch was schief, aber es sind in meinem Augen die besten Bilder entstanden. Doch hier musste ich improvisieren zwischen Fotos mit Blitz, Überbelichtungen und Fotos ohne Blitz. Am Ende sind doch ein paar nette Bilder für mein Buchprojekt heraus gekommen. Oder?

Als nächste Band stand die Gruppe Kids Insane aus Tel Aviv in Israel auf dem Programm, die sich bereits 2010 gegründet hatten und auch schon ein paar Mal in Deutschland auf Tour waren. Jetzt begleiteten sie Defeater als Support und haben selbst schon eine kleine Fangemeinde in diesem Land.

Ihre Musik war eine Mischung aus Oldschool Hardcore und modernen Einschlägen, der den eurpoäischen Vorbildern in Nichts nachsteht. Durch die begrenzte Zeit von nur 40 Minuten war das Set sehr schnell vorbei, aber das ist bei den vielen Bands des heutigen abends und bei Hardcore eigentlich nicht verwunderlich.

Kids Insane playing live at the Underground in Cologne, Germany at the 20. March 2016.

Kids Insane playing live at the Underground in Cologne, Germany at the 20. March 2016.

Mit der dritten Band dieses Abends – Break Even – reisen wir von Israel nach Australien, wo die Gruppe in Perth beheimatet ist. Es gibt sie auch schon seit 2005 und in 2008 hatten sie den tragischen Verlust ihres Gitarristen Rowan Willoughby zu beklagen, der sich das Leben nahm. Aus dieser Trauer heraus entstand ihr Debut Album The Bright Side, was bislang die einzige Longplayer Veröffentlichung der Band blieb.

Der Bassist hatte mit dem Gürtel seines Instrumentes zu kämpfen, der ständig abfiel und der Sänger forderte das Publikum permanent auf, von der Bühne zu stagediven. Das wurde gerne angenommen und die Energie der Musik setzte sich bald in das Publikum um, was eine hervorragende Basis für die letzte Band des Abends – Defeater zu formen.

Break Even playing live at the Underground in Cologne, Germany at the 20. March 2016.

Break Even playing live at the Underground in Cologne, Germany at the 20. March 2016.

Gegen 22 Uhr wurde es dann Zeit für den Hauptakt des Abends. Defeater. Die Halle war mittlerweile komplett gefüllt und ich entschloss mich, die Position vor der Bühne zu wechseln und ging an den rechten Rand. Das erwies sich nachher als weise Entscheidung, denn ich konnte hier bessere Bilder machen als auf der linken Seite.

Die fünf Jungs aus Boston spielen seit 2004 zusammen und sie haben sich im letzten Jahr nach der Veröffentlichung ihrer neuen Platte Abandoned von ihrem Gitarristen Jay Maas getrennt. Mit der neuen Platte sind sie derzeit auf Europa Tour und eröffneten ihr Set auch mit dem Titeltrack der Scheibe.

Die Band riss das Publikum vom ersten Moment an mit und wurden bei einigen ihrer bekannten Songs frenetisch gefeiert. Menschen flogen durch die Luft, Fäuste und Finger reckten sich der Bühne entgegen. Sie scheuten sich nicht zu betonen, daß sie den Underground als einen ihrer besten Locations lieben würden. Nach zwei oder drei Zugaben war pünktlich gegen 23 Uhr Schluss und ich setzte mich mit einem Bier an den Rand der Halle zum entspannen. Irgendwie sind Hardcore Konzerte auch für den Zuschauer recht anstrengend und ich war ein wenig erschöpft. Oder werde ich nur alt? Irgendwann forderte mich die Security zum Gehen auf und ich stürzte den Rest Bier herunter und ging zu meinem Wagen.

Defeater playing live at the Underground in Cologne, Germany at the 20. March 2016.

Defeater playing live at the Underground in Cologne, Germany at the 20. March 2016.

Ein Video konnte ich an dem Abend leider nicht machen, da es sehr hektisch vor der Bühne war und der Sound so dermassen laut war, daß die Kamera den Ton nur übersteuerte und es kein wirkliches Hörvergnügen mehr war.

Kunstlose Wut von schockierenden Idioten

Konzert vom 04. März 2016 im Bahnhof Langendreer, Bochum
The Idiots, Artless, Die Wut & Shock Out

Den Weg zum Bahnhof Langendreer finde ich schon fast im Blindflug. Auf dem Weg vom Parkplatz zur Halle fielen mir zwei Punks mit Irokesen Haarschnitt und bunten Haaren auf, die aus einem silbernen Mercedes der S-Klasse ausstiegen und ich habe mir nur gedacht: „Meine Güte haben sich die Zeiten geändert, früher fuhren die Punks mit dem Bus zum Konzert und heute steht der Mercedes vor der Tür.“

An diesem Abend waren The Idiots im Langendreer zu Besuch und ich hatte mir schon länger beim Sir Hannes Schmidt die Erlaubnis geholt, dort fotografieren zu können. Wieder so eine Band, die ich aus meinen Jugendjahren kenne und die nun wiedersehen werde. Ich habe meine Erinnerung ausgewrungen, ob ich sie schon in der Mitte der 90’er Jahre einmal live gesehen habe, aber ich kam auf keine bewusste Begegnung. Vielleicht ist ein Konzert der Idiots auch in Vergessenheit geraten in dem Nebel der Erinnerung oder aufgrund des konsumierten Alkohols.

Ich betrat gerade die Halle, als die erste Vorband Shock Out auf der Bühne stand. Vier junge Männer, die sich 2012 zusammen gefunden haben, um gemeinsam Musik zu machen. Heute brachten sie ihre erste EP mit dem Titel Beast heraus. Also eigentlich eine Release Show. Als Vorband von den Idiots.

Diese EP mit ihren vier Liedern spielten sie auch vollständig durch und legten noch ein paar Songs drauf. Als Zugabe gab es dann noch Blitzkrieg Bop von den Ramones. Der Sänger erinnerte mich irgendwie an Dustin Kensrue von Thrice, aber nur visuell.
Die Band hatte sogar einen Startblock mitgebracht, um den Leuten das Stagediven zu erleichtern, aber er wurde irgendwie nicht genutzt. Bevor ich den Sound der Band so richtig erfassen konnte, war ihre Spielzeit auch leider vorbei.

Shock Out - Bahnhof Langendreer, Bochum - 04.03.2016

Shock Out – Bahnhof Langendreer, Bochum – 04.03.2016

Als zweite von den insgesamt vier Bands heute Abend spielten Die Wut. Sie haben sich bereits 1980 gegründet und zwischen 1983 und 2007 hatte sich die Band aufgelöst. Nun touren sie wieder und spielen vereinzelte Konzerte. Vor kurzem haben ihren Gitarristen verloren, sodass der Sänger diesen Part übernehmen musste und nicht wirklich zufrieden schien mit dieser Aufgabe. Er beschwerte sich nicht nur einmal über den Verstärker in seinem Rücken. Aber ihr Sound klang wie in den 80’ern, rau, punkig und kantig mit viel politischer Botschaft.

Die Wut - Bahnhof Langendreer, Bochum - 04.03.2016

Die Wut – Bahnhof Langendreer, Bochum – 04.03.2016

Als dritte Band im Bunde trat ein ganzer Trupp an Musikern auf die Bühne: Artless aus Duisburg. Drei Gitarren, ein Bass, ein Schlagzeug und ein Sänger. Einer der Gitarristen spielte sogar noch Orgel, die bei der lärmenden Wand der Gitarren leider vollständig unterging und nicht zu hören war.

Artless existieren auch schon etwas länger, die bereits 1981 ihren legendären Single Mein Bruder ist ein Popper aufgelegt haben. Dieses Lied spielten sie auch heute Abend, was einen frenetischen Applaus und tanzwütige Teenager auf das Parkett rief. Bei der Band sind heute noch Sänger Hank Sinatra und Gitarrist/Keyboarder Willi Solid als einzige verbliebene Originalmitglieder der 1979 gegründeten Band aktiv. Auch diese Band löste sich 1981 auf und formierte sich 2007 neu.

Ihre Wand aus Gitarren und der schnelle Sound mit manchmal etwas skurrilen Lieder (Unrasiert??) haut mich um, daß bald meine Ohren schmerzen und ich für die Idiots meine Ohrstöpsel einlege.

Artless - Bahnhof Langendreer, Bochum - 04.03.2016

Artless – Bahnhof Langendreer, Bochum – 04.03.2016

Zu guter Letzt und der Hauptakt des Abends sind The Idiots aus Dortmund, wo sie auch ihren gleichnamigen Laden und ihr Plattenlabel haben. Ich bin auf die Band Anfang der 90’er aufmerksam geworden, als sie ein paar Lieder auf dem 1989 erschienen Das waren noch Zeiten Sampler veröffentlichten.

Die Idioten haben sich schon 1978 als frühe Punkband gegründet, die den Deutschpunk massgeblich beeinflussten. Ihr Gründungsmitglied Sir Hannes ist heute das einzig verbleibende Mitglied der Gruppe. Er ist positiv exzentrisch und hat eine sehr starke Bühnenpräsenz, die an Jello Biafra heranreicht und seine eigene Klasse besitzt.

Sie sind seit jeher bekannt dafür, Aktionen auf der Bühne zu machen und auch heute legte sich Sir Hannes eine Fleischwurst und ein Schinkenstück auf den Kopf, während er das Lied Fleischwolf sang. Seine Mimik und Gestik ist ausdrucksstark und der treibende, trashige Punksound mit seiner manchmal kreischenden Stimme nimmt das Publikum mit. Es wird gepogt, Bierfontänen sprühen auf die Bühne und irgendwann zerbricht eine Glasflasche am Bühnenrand.

Das gehört dazu und ist beabsichtigt und gegen Ende des Konzertes verteilt die Band Hansa Bierdosen ins Publikum, sodaß der Boden nass und glitschig ist. Ein echtes Punkkonzert hat so zu enden. Es ist 1:30, ich kann nicht mehr und schleppe mich zum Auto zurück.

The Idiots - Bahnhof Langendreer, Bochum - 04.03.2016

The Idiots – Bahnhof Langendreer, Bochum – 04.03.2016

Setlist Die Wut:
Blinde Wut
Raus
Punk
Kirche
Giftgas
Armutsstaat
Überwachung
Wahrheit oder Pflicht
Jetzt oder Nie
Drecksland
Zu Still
Morgen
Leben
Zugabe:
Freiheit

Setlist Artless:
Erleuchtung
Alkohol
Herdentiere
Großstadt
Urlaub
Peace & Anarchie
Alles Geht
Jenny
Punk 80
Das Leben
Unrasiert
Komm Gib Mir
Wozu
Mein Bruder
Donnerwetter
Mach’s Gut
Zugaben:
Diese Stadt
White Riot
Were Only

Setlist The Idiots:
Deathbrains
Der Tod
Selbstmord
Gott Sei Punk
Alter Schwede
Fleischwolf
Nuclear War
Der Idiot
Verseucht
Bayrischer Wald
Mädchen mit den roten Haaren
Der Säufer
Samstag Nacht
Schweine ins Weltall
Emmi oh Emmi – Idioten ficken besser
Der S04 und der BVB
Heavy Metal Psycho Punk
Kill Him
Amok
Edeka
Zugaben:
Now I Wanna Be Your Dog
Tage ohne Alkohol
Destroy My Body
Pechvogel bei den Frauen

„Street Messages“ book review

The famous Trust Fanzine from Germany published a real nice review on my current book „Street Messages in their current issue. Thanks so much Dolf for it!!!

 

Street Messages – Nicholas Ganz

The worst about scribbling on walls is when there is no message, if there is a message it makes sense and if it is a good message that is also either a great idea or a artistic gem – then it is awesome. So is this book, finally a book that concentrates on street artists who work with text. Forword by James Prigoff, followed by a preface from the author plus a historic overview on the background (humans write on walls since over 30.000 years) of public messages. Excellent. You find on over 140 pages, seperated in three main chapters ‚Street Messages‘, Political Messages‘ and ‚Street Poems‘, streetart by over 80 artists from around the world (including countrys like Lebanon, Argentinia, Iran, Israel, South Africa and Yemen). In the end there is more info on the artists, websites and further reading. Each artist is introduced with a short text and several photos of the art displayed. Perfekt. Not too much, just enough. Great projects like „The Bubble Project“ (blank speech-bubbles, pasted on advertising) , „Before I Die“ (bywalkers can finnish the sentence ‚Before I die I want to ________“ or Sklo from Singapore who puts up stickers on traffic lights. Not missing is the fantastic Billboard Liberation Front (founded in 1977, improving billboards) or Freewayblogger (reach up to 200.000 people a day putting up just one sign over a freeway) and even the, in Germany, well know „Stolpersteine“ project. There is so much more to be found in this book, some of the artists deserve (or have) their own book, but this is a very good start. For me personally the last chapter was not so appealing, but since there is nothing to complain about the first two, it is all good. Well, I’m sure the author and the publisher know this, but unfortunally the book is a bit small (18,5 x 1,8 x 21,5 cm) and in this case a coffeetable size book would have been the right size choice (considering what other shitty books use the big size), this book woud have defintily deserved to be blown up a bit, since the streetart shown on the photos is mainly great stuff. Therefore it is not expensive (18,95 Euro) and is a quality hardcover book. Well done, highly recommended – cant wait for the next one. Now go and get it, get inspired and go out or read more. (dolf)

Dokument Press, Box 773, 12002 Årsta, Sweden, http://www.dokument.org

Isbn 978-9185639731

 

Trust Fanzine review on Street Messages book - Dec. 2015

Trust Fanzine review on Street Messages book – Dec. 2015

 

John Garcia

Monday evening is a great time to go to a show. Especially when it is such a special opportunity to see John Garcia in an unusual unplugged concert.
When I was younger (about 20 years ago), I started to listen to different types of music and one of the first bands I encountered was Kyuss. I never had the chance to see this amazing band live on stage, so thats why I took my chance now and drove to Bochum, which is about half an hour drive from my place.
I know the Matrix venue in Bochum from previous shows, but I have never been in the Rockpalast area. It is a very cosy, small place, with a nice little stage. There was a big couch in the background of the stage and two chairs for the musicians. It felt very intimate like in a living room with this table and the lamps everywhere.
I arrived a little late, when the first band Bellhound Choir, a solo project of Danish Christian Hede Madsen was already playing. A long-haired tall man alone on the stage with his electric guitar. Nice, what you can do with just a voice and the strings.
After a short break, John Garcia and his guitar player Ehren Groban entered the stage and sat down on the chairs. I actually prefer people acting on stage and thought: „Wow, this can be a visually boring night, especially when I want to take some photos for my project.“
But from the first moment I was captured by the sound and the great voice of John and this massively talented guitar player Ehren. The songs had as much power as a regular electric set and I was happy to listen to some old Kyuss songs. Especially when they later plaid my most favourite song „Rodeo“ from the „When the circus leaves town“ record.
Inbetween the show, John was giving away some of his whiskey, that he was constantly drinking to people in the audience. At the end they even asked, if there might be any married couples in the audience. Two couples actually were there and they were invited by John to join them on the stage to sit on this couch in the back of the stage. They could stay until the end of the show and were given free drinks.
Hmm, I should have asked one of the ladies next to me, if we would be married for a minute to sit down a little and get a different view from the stage.
Altogether it was an amazing show and one of my best concerts during this year. John and Ehren were very familiar and talkative and told the audience some nice anecdotes and backgrounds to John himself and the songs. A great evening without the regular swooshing afterwards, because it was all great, but not loud.

john garcia

John Garcia unplugged at Rockpalast Bochum on 07. December 2015.