Vom Passatwind verfolgt

Konzert vom 06. Mai 2017 im MTC in Köln.
Trade Wind, Traced by Enemies

Wer Liebeskummer hat oder in einer Fernbeziehung lebt, ist bei Trade Wind sicher gut aufgehoben. So könnte ich den Sound der Band ganz gut umschreiben. Schmachtende, herzzerreißende Post-Hardcore Lieder.
Nicht nur deswegen musste ich nach Köln fahren, um mir die Band anzusehen, sondern auch weil mir ihre letzte Platte You Make Everything Disappear sehr gut gefiel.

Das MTC ist leider so unglaublich blöd in der Innenstadt gelegen, daß es mehr als ein Kunststück ist, mit einem Auto einen Parkpatz zu finden. Also musste ich etwas herumkurven, bis ich in einer kleinen Seitenstrasse endlich einen fand. Der kostete natürlich Geld und ich hatte kaum Münzen in meinem Portemonnaie und warf zwei Euro in den Automaten ein, um eine knappe Stunde Parkzeit zu erwerben. Ich bin dann zu einem Kiosk gelaufen, um dort noch einen Schein gegen Münzen einzutauschen, denn auf aufwendige Abschlepp-Aktionen hatte ich kein Interesse, Also nochmal vier Euro in den Automaten eingeschmissen und das würde sicher schon passen. Ich bin sicher, daß sowieso keine Politessen in der Nacht herumwanderten. Aber meine Paranoia hatte mich wieder überwältigt und ich zahlte artig die Parkgebühren.

Der Weg vom Auto zum MTC war jetzt natürlich lang und irgendwann führte er mich durch die Partymeile Kölns, wo eine Menge Kneipen, Diskotheken und Restaurants sich aneinander reihen. Es war supervoll, denn es war ja ein Samstag und nicht jeder musste am nächsten Morgen wieder um 6 Uhr aufstehen um zur Arbeit zu gehen. So wie ich eben.

Das MTC ist ein Kellerclub, in dem ich schon einmal Karma To Burn gesehen habe. Das Licht ist bescheiden, aber ich wollte den Versuch wagen und hier fotografieren. Vor der Show noch zwei frisch gezapfte Kölsch herunter geschüttet und gewartet. Mir fiel auf, daß heute erstaunlich viele Teenager anwesend waren und vor allem auch ein sehr hoher Anteil an Frauen. Gut für romantisch veranlagte Geister sind Trade Wind genau richtig. Ich kam mir mit meinen 40 Jahren auch nicht alt vor.

Als Vorband spielten heute Traced by Enemies, einer Hardcore/Metal Combo aus der Grenzstadt Viersen. Sie spielen erst seit 2014 zusammen und haben im letzten Dezember ihre erste EP unter dem Titel Unity In Diversity heraus gebracht. Für den Hauptakt Trade Wind war die Band zwar etwas schnell und sehr wuchtig. Aber vielleicht auch Taktik, um zuerst im Sturm zu stehen und sich dann in den ruhigen Dünen einzukuscheln. Die Gruppe war nicht schlecht und ich freue mich, sie mal in einem anderen Zusammenhang kennen zu lernen.

Trade Wind sollten nun den Kuschelkurs einleiten. Jesse Barnett (Stick To Your Guns) und Tom Williams (Stray From The Past) haben diese Band 2014 gegründet und nach einer EP zwei Jahre später schon ihren ersten Longplayer veröffentlicht. Die Texte handeln natürlich nicht nur von Liebe, sondern auch von Einsamkeit und den Alpträumen Jesses, der sich hier sehr persönlich und authentisch wiederspiegelt.

Auch wenn das Set aufgrund der wenigen bisher veröffentlichten Lieder recht kurz war, gefielen mir die einzelnen Stücke live viel besser als auf Vinyl. Und auf Vinyl fand ich sie schon sehr gut. Den ganzen Teenies gefiel die Show wohl auch ziemlich gut, denn sie waren genau wie ich ziemlich beseelt. Sie hatten jetzt nur den Vorteil, weiter an der nun folgenden Party abzutanzen, denn ich musste nun zu meinem kleinen Auto dackeln, vorbei an den schon etwas angetrunkenen Student_innen in den Kneipen und nach Hause fahren. Es war so 22:30 Uhr und mir blieben nur ein paar Stunden, bis ich mich wieder aus dem Bett quälen musste. Der Sonntag sollte lang werden, denn ich hatte sogar noch einen Fotoauftrag nach der regulären Arbeit zu erledigen.

Aber für gute Musik ist mir kein Weg zu weit und keine Müdigkeit zuviel.

Setlist Traced By Enemies
Intro
Unity In Diversity
Pay The Price
Trapped A Life
Monuments
Killing Intro
Cages
Truth Is …
Love

Brennendes Karma

Konzert vom 27. April 2016 im MTC, Köln
Karma To Burn & Sons Of Morpheus

Eine weitere Stadt, die ich für ihre wunderbaren Parkmöglichkeiten und eine unglaublich clevere straßenbauliche Koordination (Achtung: Ironie!!) liebe, ist Köln.
Vor allem, wenn Clubs wie der MTC mitten in der Stadt liegen und eine aufwendige Parkplatzsuche quasi vorprogrammiert ist. An diesem Abend hatte ich dann durch Zufall ein wenig vom MTC entfernt eine freie Stelle an einem Neubau gefunden und sogar versucht, mir einen Parkschein zu kaufen, was mir nicht gelang und der Automat meine mühselig eingeworfenen Münzen wieder ausspuckte. In meiner Paranoia malte ich mir schon Ausreden und Formulierungen für Briefe aus, die ich der Stadt Köln schicken wollte, falls ich bei meiner Rückkehr ein Knöllchen an meinem Wagen finden sollte.

Doch zuvor hatte ich noch zwei dicke Staus zu bewältigen und kam erst gegen 20 Uhr an und war schon besorgt, daß die Bands ohne mich angefangen hatten zu spielen. All diese Faktoren ließen den Abend sehr unentspannt beginnen. Doch zu meinem Glück war das MTC fast leer, als ich in dem Kellerclub ankam. Gerade wurde sogar passend zu meinem heutigen Kapuzenpulli die Pelagial Platte von The Ocean gespielt. Ich kaufte mir ein Bier und wartete auf die Musiker und das Publikum, die hoffentlich noch kommen sollten. Es konnte ja nicht sein, daß eine so große Band wie Karma To Burn nur ein kleines Publikum anzog.

Irgendwann traten die ersten Musiker auf die Bühne und ich ging nach vorne. Als Vorband spielten Sons Of Morpheus, eine Band aus der Schweiz. Sie haben sich 2014 zusammen gefunden und im letzten Jahr ihr erstes, selbst betiteltes Debutalbum heraus gebracht.

Bei ihrem Sound fühlte ich mich in eine Zeit zurück versetzt, die ich selbst nicht einmal mit erlebt hatte. Sie spielen laut ihrer Facebook Seite einen psychodelischen Bluesrock. Die Gitarre von Sänger Manuel scheint vermutlich auch aus dieser Zeit zu stammen.

Ihre Lieder waren sehr experimentell und abwechslungsreich und sie schienen auch der spontanen Improvisation nicht abgeneigt zu sein. Eine sehr spannende Geschichte erzählten sie live und ehe ich mich in ihre Welt eingelebt hatte, war ihre Show auch leider schon vorbei.

Sons Of Morpheus live im MTC, Köln am 27. April 2016.

Sons Of Morpheus live im MTC, Köln am 27. April 2016.

Als die drei Schweizer Jungs mit ihrem Set fertig waren, bauten auch schon die nächsten drei Herren aus West Virginia in den Staaten ihre Instrumente auf. Karma To Burn legten 1997 ihr erstes Album noch auf Drängen ihr Plattenfirma Roadrunner Records mit Sänger vor und spielen seitdem rein instrumental.

Erst im Februar veröffentlichten sie ihre neue EP mit dem bezeichnenden Titel Mountain Czar, was soviel wie der Herrscher der berge bedeutet. Die Musiker geben ihren Songs keine Titel, sondern nummerieren sie in einem fort durch. Bei der neuen Platte sind sie nun bei 60 angekommen und sie spielten gleich zwei Stücke von ihr – 61 und 62. Ihre Verstärker waren so dermaßen laut, daß ich trotz meiner Ohrstöpsel ein leichtes Ohrensausen bekam. Als reine Insatrumentalband gab es natürlich keinen Gesang und auch die Ansagen von Gitarrist William waren sehr spärlich.

Irgendwann gingen mir (und auch einigen anderen Zuschauer_innen) ein paar Jungs auf den Wecker, die eine unglaubliche Unruhe in das Publikum brachten und anfingen zu pogen. Sie beschimpften den Gitarristen William als Shithead und machten sich über die Namensgebung der Lieder lustig. Das war nicht nur nervig sondern auch vollkommen unangebracht. Es zerstörte die Stimmung der erdigen und schweren Songs der Band, denn vor allem gegen Ende des Konzerte kamen die Stücke, die ich von ihnen so liebte.

Sie gaben keine Zugaben und die Band verabschiedete sich freundlich von dem Publikum, auch von den Kindern, die sie vorher als Shithead beschimpft hatten. Ich eilte schnell aus dem Club, denn ich hatte Sorge um meinen Wagen, die natürlich vollkommen unbegründet war. Er stand noch unberührt an seinem alten Platz und es klebte auch kein Strafzettel an der Windschutzscheibe.
Auf dem Rückweg überraschte mich das wechselhafte Aprilwetter und es regnete so stark, daß ich dank meiner uralten Scheibenwischer die Straße kaum noch sah.

Karma To Burn live im MTC, Köln am 27. April 2016.

Karma To Burn live im MTC, Köln am 27. April 2016.

Setlist Karma To Burn:
8
36
19
34
55
1
61
15
28
62
32
57
20